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− | {{S|2}} Der Name des Mannes [war] Elimelech (mein Gott ist König) und der Name seiner Frau [war] Noomi (lieblich) und die Namen seiner beiden Söhne [waren]<ref>'''tFN''': ''die Namen seiner beiden Söhne [waren]'' - W. „der Name seiner beiden Söhne [war]“, aber s. JM §136l: „[... Das Hebräische hat] die Tendenz, in Fällen, in denen etwas in ähnlicher Weise für mehrere Individuen gilt, Singular statt Plural zu setzen [...].“ Übersetze daher wie angegeben.</ref> Machlon (krank?)<ref name="Name">''Machlon (krank?)'' + ''Kiljon (schwindend?)'' - Namen sind in der Bibel | + | {{S|2}} Der Name des Mannes [war] Elimelech (mein Gott ist König) und der Name seiner Frau [war] Noomi (lieblich) und die Namen seiner beiden Söhne [waren]<ref>'''tFN''': ''die Namen seiner beiden Söhne [waren]'' - W. „der Name seiner beiden Söhne [war]“, aber s. JM §136l: „[... Das Hebräische hat] die Tendenz, in Fällen, in denen etwas in ähnlicher Weise für mehrere Individuen gilt, Singular statt Plural zu setzen [...].“ Übersetze daher wie angegeben.</ref> Machlon (krank?)<ref name="Name">''Machlon (krank?)'' + ''Kiljon (schwindend?)'' (V. 2) + ''Orpa (Nacken?, Wolke?)'' + ''Rut (Sättigung?, Freundin?)'' (V. 4) - Namen sind in der Bibel oft sog. „''descriptive names''“, d.h. sie haben eine Bedeutung in der Erzählung. Weil Noomi in V. 21 selbst mit ihrem Namen spielt (der also klar ein solcher „descriptive name“ ist) und auch der Name von „Herr Irgendwer“ in Kap. 4 klar ein sprechender Name ist, gehen viele davon aus, dass auch obige vier Namen solche descriptive names sein müssten. Ihre Bedeutungen sind aber unklar: |
− | {{S|3}} Da starb<ref name="sterben">''starb'' (V. 3) + ''starben'' (V. 5) - In der alten jüd. Exegese ist öfter der Tod Elimelechs, Machlons und Kiljons als die Strafe Gottes für ihre Sünden gedeutet worden: Elimelech wird für seine Emigration bestraft, Machlon und Kiljon für ihr Fernbleiben von Israel und ihre Mischehen | + | |
− | {{S|4}} Sie nahmen sich moabitische Frauen (Sie gingen Mischehen mit moabitischen Frauen ein?)<ref>''nahmen (gingen Mischehen ein)'' - ungewöhnlicher Begriff im Heb.: „Heiraten“ heißt dort gewöhnlich ''laqach ischah''; hier aber - wie nur noch [[2Chroniken 11#s21 |2Chr 11,21]]; [[2Chroniken 13#s21 |13,21]]; [[Esra 9#s2 |Esr 9,2.12]]; [[Nehemia 13#s25 |Neh 13,25]] - ''naßah ischah''. Fischer 2001, S. 127 macht darauf aufmerksam, dass die drei letzten Stellen ebenfalls von Mischehen von Judäern mit Moabiterinnen handeln; es könnte sich hier also um einen terminus technicus handeln. An diesen drei Stellen werden die Mischehen auch jeweils als Missetat dargestellt, | + | * Die Deutung von ''Machlon'' und ''Kiljon'' als „krank“ und „schwindend“ wäre sprachlich möglich und würde im Rahmen des Rutbuches auch Sinn machen, da sie ja tatsächlich innerhalb von nur vier Versen wieder aus der Geschichte wegsterben. Allerdings gab es diese Namen recht sicher tatsächlich, so dass schwer vorstellbar ist, dass dies wirklich die hinter diesen Namen stehende Bedeutung war (wenn man den namensgebenden Eltern nicht stets einen „grausamen Humor“ (Holmstedt 2010, S. 60) zusprechen will). Rudolph 1962, S. 38 etwa verbindet daher die Namen stattdessen mit „süß/reizend sein“ (''Machlon'' = „der Süße/Reizende“) oder „listig sein“ (''Machlon'' = „der Listige“) und „vollendet sein“ (''Kiljon'' = „der Vollendete“). Wahrschenlich sollte man sich besser mit dem Eingeständnis bescheiden, dass nicht gewiss ist, was die Namen bedeuten (so z.B. Campbell 1975, S. 52f). |
− | + | * ''Orpa'' wurde schon von den alten jüdischen Exegeten mit ''orep'' („Rücken, Nacken“) in Zusammenhang gebracht und dann so erklärt, dass sie so als die „Widerspenstige“ oder „die den Rücken Kehrende“ dargestellt werden solle,was aber recht „gekünstelt“ (Gerleman 1965) ist. Glanzmann 1959, S. 206 und Dahood 1962, S. 224 leiten außerdem ab vom Ugaritischen ''`rpt'' („Wolke“), was sprachlich wohl möglich wäre, erstens aber keine Anerkennung in der Exegese gefunden hat und zweitens in diesem Falle kein descriptive name wäre, so dass es irrelevant für die Übersetzung wäre. | |
+ | * ''Rut'' wurde früher meist abgeleitet von ''rä`ut'' („Freundin, Gefährtin“ - so schon Syr), was aber etymologisch nur schwer möglich ist. Seit Bruppacher 1966 wird er außerdem wieder häufiger nach der Wurzel ''rwy'' (sich sattdrinken) als „Sättigung“, „Erfrischung“ gedeutet (so schon b. Berachoth 7b; Bertholet 1898, S. 57f), was sprachlich zwar möglich wäre, aber in der Exegese dennoch keine allgemeine Anerkennung gefunden hat. | ||
+ | Einige gehen außerdem wegen dieser Ungewissheiten davon aus, dass wir es hier mit echt moabitischen Namen zu tun haben, deren Bedeutung sich von uns daher nicht mehr erschließen lässt.</ref> und Kiljon (schwindend?)<ref name="Name" />. [Sie waren] Efratiter<ref>''Efratiter'' - Bedeutung unklar; vermutlich handelt es sich (1) entweder um eine Sippe, die v.a. in der Gegend in und um Betlehem siedelte, oder (2) Efrata ist eine Region, in der u.a. auch Betlehem lag, oder (3) eine alternative Bezeichnung für Betlehem selbst.<br />Dass die Bedeutung unklar ist, ist aber nicht sehr problematisch, da der Begriff hier ohnehin mehr einem Wortspiel als der Information dient: Sowohl „Efratiter“ als auch „Betlehem“ sind sprechende Namen: „Efrata“ ist das „fruchtbare Land“ (Meister 1991, S 115) und „Betlehem“ bedeutet bekanntlich „Haus des Brotes“, „Brothausen“ (schon Luther 1535, S. 193b: „Denn Bethlehem heisst ein brod haus / und Ephrata fruchtbar / das ein fruchtbar land und gute narung darinnen gewesen ist.“). In den Ohren hebräischer Hörer musste der Satz also klingen wie „[Wegen einer Hungersnot] emigrierten sie nach Moab - obwohl sie Brothäusener aus der Fruchtgegend waren! - und blieben dort.“</ref> aus Betlehem in Juda. Und so kamen sie {in das Gebiet von} [nach] (zu den Feldern von) Moab und blieben dort.<br /> | ||
+ | {{S|3}} Da starb<ref name="sterben">''starb'' (V. 3) + ''starben'' (V. 5) - In der alten jüd. Exegese ist öfter der Tod Elimelechs, Machlons und Kiljons als die Strafe Gottes für ihre Sünden gedeutet worden: Elimelech wird für seine Emigration bestraft, Machlon und Kiljon für ihr Fernbleiben von Israel und ihre Mischehen. In der neueren Exegese findet sich diese Deutung nur noch selten (z.B. bei Berman 2007, S. 27-29), aber es ist doch auffällig, dass die beiden Auskünfte über das Sterben der Familienmitglieder jeweils direkt auf die Auskunft über das „Bleiben“ in Moab folgt und dass nur die ersten fünf Verse, die in Moab spielen, eine Unheilsgeschichte schildern, dagegen von V. 6 an mit Noomis Entscheidung, nach Israel zurückzukehren, eine Heilsgeschichte erzählt wird. Auf jeden Fall sollte, wenn möglich, so übersetzt werden, dass diese Bedeutungsnuance auch in der Übersetzung mitgehört werden kann.</ref> Elimelech, der Mann Noomis, und sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne<ref name="Pronomen" />.<br /> | ||
+ | {{S|4}} Sie nahmen sich moabitische Frauen (Sie gingen Mischehen mit moabitischen Frauen ein?)<ref>''nahmen (gingen Mischehen ein)'' - ungewöhnlicher Begriff im Heb.: „Heiraten“ heißt dort gewöhnlich ''laqach ischah''; hier aber - wie nur noch [[2Chroniken 11#s21 |2Chr 11,21]]; [[2Chroniken 13#s21 |13,21]]; [[Esra 9#s2 |Esr 9,2.12]]; [[Nehemia 13#s25 |Neh 13,25]] - ''naßah ischah''. Fischer 2001, S. 127 macht darauf aufmerksam, dass die drei letzten Stellen ebenfalls von Mischehen von Judäern mit Moabiterinnen handeln; es könnte sich hier also um einen terminus technicus handeln. An diesen drei Stellen werden die Mischehen auch jeweils als Missetat dargestellt, da Mischehen gerade mit Moabiterinnen nach [[Deuteronomium 23#s4 |Dtn 23,4]] verboten war. TgRut z.B. paraphrasiert deshalb auch hier: „Sie übertraten das Gebot des Herrn und nahmen sich ausländische Frauen von den Töchtern Moabs“. Wenn es sich hier tatsächlich um einen solchen terminus technicus handelte, würde das stark in die Richtung der Deutung in der vorigen FN weisen.</ref>. Der Name der einen [war] Orpa (Nacken?, Wolke?)<ref name="Name" /> und der Name der anderen [war] Rut (Freundin?, Sättigung?)<ref name="Name" />.<ref>''Orpa und Rut'' - Chiasmus: V. 2: „Machlon und Kiljon“, V. 4: „Orpa und Rut“; dabei ist Orpa die Frau von ''Kiljon'' und Rut die von ''Machlon'' (s. [[Rut 4#s10 |Rut 4,10]]). Eine solche chiastische Anordnung von Namen ist ein häufigeres Stilmittel im Hebräischen (vgl. Campbell 1975, S. 151) und kann in der dt. Üs. ohne Bedeutungsverlust übergangen werden.</ref> Sie wohnten etwa zehn Jahre dort.<br /> | ||
{{S|5}} Da starben<ref name="sterben" /> auch diese beiden - Machlon und Kiljon -, und sie hinterblieb: die Frau, ohne ihre beiden Kinder<ref>''Kinder'' - Machlon und Kiljon werden hier - im Gegensatz zum vorherigen „Söhne“ - mit ''jeled'' („Kind“) bezeichnet, das sonst nie für Erwachsene verwendet wird. Vermutlich soll diese Wortwahl das Unglück der Frau unterstreichen, die nun nach ihrem Mann auch noch ihre beiden ''Kinder'' zu Grabe tragen muss (so auch Zakovitch 1999, S. 82). Zudem wird so bereits vorverweisen auf [[Rut 4#s16 |Rut 4,16]], wo Ruts „Kind“ Obed als Naomis Ersatz für ihre beiden gestorbenen „Kinder“ dargestellt wird.</ref> und ohne ihren Mann<ref name="Pronomen" />. | {{S|5}} Da starben<ref name="sterben" /> auch diese beiden - Machlon und Kiljon -, und sie hinterblieb: die Frau, ohne ihre beiden Kinder<ref>''Kinder'' - Machlon und Kiljon werden hier - im Gegensatz zum vorherigen „Söhne“ - mit ''jeled'' („Kind“) bezeichnet, das sonst nie für Erwachsene verwendet wird. Vermutlich soll diese Wortwahl das Unglück der Frau unterstreichen, die nun nach ihrem Mann auch noch ihre beiden ''Kinder'' zu Grabe tragen muss (so auch Zakovitch 1999, S. 82). Zudem wird so bereits vorverweisen auf [[Rut 4#s16 |Rut 4,16]], wo Ruts „Kind“ Obed als Naomis Ersatz für ihre beiden gestorbenen „Kinder“ dargestellt wird.</ref> und ohne ihren Mann<ref name="Pronomen" />. | ||
Version vom 16. Januar 2015, 17:31 Uhr
Syntax ungeprüft
Lesefassung (Rut 1)
(kommt später)Studienfassung (Rut 1)
1 Zur Zeit (in den Tagen) des Richtens der Richter〈a〉 war (herrschte) eine Hungersnot im Land〈b〉 (kam eine Hungersnot über das Land). Da verließ〈c〉 ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)〈d〉, um sich in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)〈e〉 Moab〈f〉 niederzulassen〈g〉 - er, seine Frau und seine beiden Söhne〈h〉.
2 Der Name des Mannes [war] Elimelech (mein Gott ist König) und der Name seiner Frau [war] Noomi (lieblich) und die Namen seiner beiden Söhne [waren]〈i〉 Machlon (krank?)〈j〉 und Kiljon (schwindend?)〈j〉. [Sie waren] Efratiter〈k〉 aus Betlehem in Juda. Und so kamen sie {in das Gebiet von} [nach] (zu den Feldern von) Moab und blieben dort.
3 Da starb〈l〉 Elimelech, der Mann Noomis, und sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne〈h〉.
4 Sie nahmen sich moabitische Frauen (Sie gingen Mischehen mit moabitischen Frauen ein?)〈m〉. Der Name der einen [war] Orpa (Nacken?, Wolke?)〈j〉 und der Name der anderen [war] Rut (Freundin?, Sättigung?)〈j〉.〈n〉 Sie wohnten etwa zehn Jahre dort.
5 Da starben〈l〉 auch diese beiden - Machlon und Kiljon -, und sie hinterblieb: die Frau, ohne ihre beiden Kinder〈o〉 und ohne ihren Mann〈h〉.
Anmerkungen
a | des Richtens der Richter - Die Begriffe „Richter“ und „Richten“ dürften in der LF missverständlich sein, da es sich bei den biblischen Richtern natürlich nicht um Richter im heutigen Sinn des dt. Wortes handelte, sondern um eine Art Stammesführer. Sinnvoll daher Holmstedt 2010: „Als noch die Häuptlinge regierten,...“; eleganter sicher die Paraphrase von de Waard/Nida 1992, S. 5 (durch die auch bedeutungsmäßig nichts verloren geht, da der Satz ja vorwiegend zur Datierung der folgenden Geschehnisse dient): „Als Israel noch keine Könige hatte...“ (so auch T4T). Besser dies o.Ä. in die LF. (Zurück zu v.1) |
b | im Land - d.h. in Israel. Übersetze daher vielleicht besser: „...herrschte ein Hungersnot in Israel“ (de Waard/Nida 1992, S. 6). (Zurück zu v.1) |
c | Zur Zeit des Richtens ... herrschte ... . Da verließ - Oder: Zur Zeit des Richtens der Richter, als eine Hungersnot im Land herrschte, verließ... (vgl. syntaktisch ähnlich Ex 12,41; dazu z.B. Nic §30). tFN: W.: „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter. Und es war eine Hungersnot im Land. Und es verließ...“ - Sowohl die Zeitangabe „in den Tagen des Richtens der Richter“ als auch die Information über die Hungersnot wird eingeleitet durch das Verb wajähi („und es war“). Eine solche Doppelung von wajähi findet sich zwar sehr selten in der Bibel, ist aber unproblematisch: Das erste wajähi ist zusammen mit bime („in den Tagen von“) eine stehende Wendung für die Einführung einer neuen Erzählzeit, entsprechend einfach dem dt. „zur Zeit von...“ (vgl. z.B. Holmstedt 2010, S. 52). Und das zweite wajähi ist entweder ebenso aufzufassen (und dann nach der Auflösung in der FN zu deuten) oder ist ein Kopulaverb im Hauptsatz „[Zur Zeit des Richtens der Richter] war (=herrschte) eine Hungersnot im Land.“ (vgl. z.B. Harmelink 2011, S. 212; so die meisten Üss.) und dann aufzulösen wie in der Primärübersetzung. (Zurück zu v.1) |
d | verließ ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf) - Beide Auflösungen sind gleichermaßen möglich. Nach der primären Auflösung würde die Reise näher beschrieben („Ein Mann ging fort, und zwar ging er fort aus Betlehem in Juda“); nach der alternativen Auflösung der Mann („ein Mann ging fort, und zwar ein aus Betlehem in Juda stammender Mann“). Da die Information, die die Alternativauflösung bieten würde, aber ja in V. 2 geliefert wird, sollte man besser nach der primären Auflösung deuten. (Zurück zu v.1) |
e | in { Fischer 2001, S. 124 dagegen deutet den Begriff als sprechenden Begriff: Elimelech und seine Familie verlassen Betlehem ob einer Hungersnot und emigrieren daher zu den [Getreide-]Feldern Moabs. Diese Deutung basiert allerdings auf einer Analyse von ßäde als Plural. Das Wort lässt sich im MT aber auch als Sg. analysieren, und weil einige Mss. - darunter auch ein Ms. aus Qumran, das älter ist als der MT - das Wort in einer Wortform bieten, die unmissverständlich Sg. ist und weil weiterhin auch die Versionen ganz einheitlich mit Sg. übersetzen, ist auch im MT die Analyse des Wortes als Sg. deutlich vorzuziehen. (Zurück zu v.1) |
f | Moab - östlicher Nachbarstaat Israels (für näheres s. Moab / Moabiter (wibilex)). Wegen verschiedener kriegerischer Konflikte ist Moab im AT meist negativ belegt; auch im Richterbuch (s. Ri 3,12-30). Dass Elimelech und seine Familie dennoch bereit sind, gerade nach Moab überzusiedeln, zeigt, wie schwer die Hungersnot war. Dabei ist Moab nicht einmal eine naheliegende Wahl: Im Gegensatz zum klassischen Emigrationsland Ägypten unterliegt Moab in etwa den selben klimatischen Bedingungen wie Israel, und obwohl es wegen der gebirgigen Lage Moabs theoretisch möglich ist, dass wegen der dortigen höheren Niederschlagsmenge Israel unter einer kurzen Hungersnot leidet, Moab aber nicht, ist es ganz unmöglich, dass Moab nicht von den klimatischen Verhältnissen betroffen wäre, die in Israel eine Hungersnot von zehn Jahren verursachen. (Zurück zu v.1) |
g | niederzulassen - Heb. gur bedeutet nicht einfach „wohnen“, sondern bezeichnet das dauerhafte Siedeln von zugereisten Ausländern. Elimelech will also wohl nicht nur für die Dauer der Hungersnot in Moab ausharren, sondern tatsächlich von Israel nach Moab emigrieren. Ein ger (etwa: „Zugereister“) hat in der Bibel häufig einen schweren Schicksalsschlag hinter sich (wegen dem er überhaupt erst ausgereist ist), ist in der Regel arm und hat rechtlich nicht den selben Status wie ein Einheimischer (so z.B. auch Würthwein 1969, S. 10). Elimelech und seine Familie werden also schon durch die Verwendung dieses Wortes in eine sozial sehr tief stehende Schicht eingeordnet. (Zurück zu v.1) |
h | ein Mann ... - er, seine Frau und seine beiden Söhne (V. 1) + sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne (V. 3) + sie hinterblieb, die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann - Wenn im Hebräischen eine Sache von mehreren Subjekten ausgesagt werden soll, kann sie auch nur von einem Subjekt ausgesagt werden, das dann nach dieser Aussage mit einem (Pro-)Nomen noch einmal aufgegriffen und um die weiteren Subjekte erweitert wird („gespaltene Koordination“; vgl. z.B. JM §146c2; ad loc. Holmstedt 2010, S. 57f). Normalerweise sollte man im Dt. daher Vv. 1.3 besser übersetzen: „ein Mann, seine Frau und seine beiden Söhne verließen...“ (V. 1) resp. „sie und ihre beiden Söhne hinterblieben“ (V. 3). Hier aber ist diese Konstruktion bewusst gewählt; der Abschnitt funktioniert ein wenig wie das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ und bringt schon auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie nach und nach die Familie zusammenschmilzt (so gut Zenger 1986, S.d 32), bis sämtliche männliche Angehörige ausgetilgt sind - die größte vorstellbare Katastrophe für eine altisraelitische Familie:
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i | tFN: die Namen seiner beiden Söhne [waren] - W. „der Name seiner beiden Söhne [war]“, aber s. JM §136l: „[... Das Hebräische hat] die Tendenz, in Fällen, in denen etwas in ähnlicher Weise für mehrere Individuen gilt, Singular statt Plural zu setzen [...].“ Übersetze daher wie angegeben. (Zurück zu v.2) |
j | Machlon (krank?) + Kiljon (schwindend?) (V. 2) + Orpa (Nacken?, Wolke?) + Rut (Sättigung?, Freundin?) (V. 4) - Namen sind in der Bibel oft sog. „descriptive names“, d.h. sie haben eine Bedeutung in der Erzählung. Weil Noomi in V. 21 selbst mit ihrem Namen spielt (der also klar ein solcher „descriptive name“ ist) und auch der Name von „Herr Irgendwer“ in Kap. 4 klar ein sprechender Name ist, gehen viele davon aus, dass auch obige vier Namen solche descriptive names sein müssten. Ihre Bedeutungen sind aber unklar:
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k | Efratiter - Bedeutung unklar; vermutlich handelt es sich (1) entweder um eine Sippe, die v.a. in der Gegend in und um Betlehem siedelte, oder (2) Efrata ist eine Region, in der u.a. auch Betlehem lag, oder (3) eine alternative Bezeichnung für Betlehem selbst. Dass die Bedeutung unklar ist, ist aber nicht sehr problematisch, da der Begriff hier ohnehin mehr einem Wortspiel als der Information dient: Sowohl „Efratiter“ als auch „Betlehem“ sind sprechende Namen: „Efrata“ ist das „fruchtbare Land“ (Meister 1991, S 115) und „Betlehem“ bedeutet bekanntlich „Haus des Brotes“, „Brothausen“ (schon Luther 1535, S. 193b: „Denn Bethlehem heisst ein brod haus / und Ephrata fruchtbar / das ein fruchtbar land und gute narung darinnen gewesen ist.“). In den Ohren hebräischer Hörer musste der Satz also klingen wie „[Wegen einer Hungersnot] emigrierten sie nach Moab - obwohl sie Brothäusener aus der Fruchtgegend waren! - und blieben dort.“ (Zurück zu v.2) |
l | starb (V. 3) + starben (V. 5) - In der alten jüd. Exegese ist öfter der Tod Elimelechs, Machlons und Kiljons als die Strafe Gottes für ihre Sünden gedeutet worden: Elimelech wird für seine Emigration bestraft, Machlon und Kiljon für ihr Fernbleiben von Israel und ihre Mischehen. In der neueren Exegese findet sich diese Deutung nur noch selten (z.B. bei Berman 2007, S. 27-29), aber es ist doch auffällig, dass die beiden Auskünfte über das Sterben der Familienmitglieder jeweils direkt auf die Auskunft über das „Bleiben“ in Moab folgt und dass nur die ersten fünf Verse, die in Moab spielen, eine Unheilsgeschichte schildern, dagegen von V. 6 an mit Noomis Entscheidung, nach Israel zurückzukehren, eine Heilsgeschichte erzählt wird. Auf jeden Fall sollte, wenn möglich, so übersetzt werden, dass diese Bedeutungsnuance auch in der Übersetzung mitgehört werden kann. (Zurück zu v.3 / zu v.5) |
m | nahmen (gingen Mischehen ein) - ungewöhnlicher Begriff im Heb.: „Heiraten“ heißt dort gewöhnlich laqach ischah; hier aber - wie nur noch 2Chr 11,21; 13,21; Esr 9,2.12; Neh 13,25 - naßah ischah. Fischer 2001, S. 127 macht darauf aufmerksam, dass die drei letzten Stellen ebenfalls von Mischehen von Judäern mit Moabiterinnen handeln; es könnte sich hier also um einen terminus technicus handeln. An diesen drei Stellen werden die Mischehen auch jeweils als Missetat dargestellt, da Mischehen gerade mit Moabiterinnen nach Dtn 23,4 verboten war. TgRut z.B. paraphrasiert deshalb auch hier: „Sie übertraten das Gebot des Herrn und nahmen sich ausländische Frauen von den Töchtern Moabs“. Wenn es sich hier tatsächlich um einen solchen terminus technicus handelte, würde das stark in die Richtung der Deutung in der vorigen FN weisen. (Zurück zu v.4) |
n | Orpa und Rut - Chiasmus: V. 2: „Machlon und Kiljon“, V. 4: „Orpa und Rut“; dabei ist Orpa die Frau von Kiljon und Rut die von Machlon (s. Rut 4,10). Eine solche chiastische Anordnung von Namen ist ein häufigeres Stilmittel im Hebräischen (vgl. Campbell 1975, S. 151) und kann in der dt. Üs. ohne Bedeutungsverlust übergangen werden. (Zurück zu v.4) |
o | Kinder - Machlon und Kiljon werden hier - im Gegensatz zum vorherigen „Söhne“ - mit jeled („Kind“) bezeichnet, das sonst nie für Erwachsene verwendet wird. Vermutlich soll diese Wortwahl das Unglück der Frau unterstreichen, die nun nach ihrem Mann auch noch ihre beiden Kinder zu Grabe tragen muss (so auch Zakovitch 1999, S. 82). Zudem wird so bereits vorverweisen auf Rut 4,16, wo Ruts „Kind“ Obed als Naomis Ersatz für ihre beiden gestorbenen „Kinder“ dargestellt wird. (Zurück zu v.5) |