Genesis 4: Unterschied zwischen den Versionen

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_Handelst du aber nicht gut, [heißt das:] Vor der Tür [ist] die Sünde [wie ein] Lagerer?
 
_Handelst du aber nicht gut, [heißt das:] Vor der Tür [ist] die Sünde [wie ein] Lagerer?
 
(Nach dir soll doch sein Verlangen sein=) Er soll dir doch willens sein  
 
(Nach dir soll doch sein Verlangen sein=) Er soll dir doch willens sein  
_Und du sollst über ihn herrschen!“<ref>''V. 7'' ist unter Exeget:innen berühmt dafür, wie schwierig er ist. Hauptsächlich zwei Deutungen sind aktuell noch im Umlauf (wenn man von den ebenfalls häufigen Annahmen absieht, der Wortlaut sei hoffnungslos verderbt oder aus irgend einem Grund sei später dieser unverständliche Satz hier nachgetragen worden, weshalb man ihn ignorieren könne):<br />(1) Die meisten deuten so: „Es gilt doch: Handelst du gut, heißt das: Du kannst [dein Gesicht] wieder erheben(, musst also nicht zornig sein). Handelst du aber nicht gut, heißt das: Vor deiner Tür ist die Sünde ein Lauerer, der nach dir giert, aber du sollst über ihn herrschen.“ Ansatzpunkt dieser Deutung ist es, dass in Mesopotamien die Vorstellung verbreitet war, dass Dämonen vor allem vor Haustüren anzutreffen seien, durch die sie in Häuser gelangen wollten, weshalb Exorzisten Rituale an Türschwellen durchführen mussten. Entsprechend würde hier die Sünde personifiziert und wie ein solcher Dämon gedacht, der sich Kains bemächtigen wolle. Schwierig bei dieser Deutung ist v.a., dass die Vorstellung von an Türen lauernden Dämonen dem Alten Testament ebenso fremd ist wie die einer personifizierten Sünde (die Sünde so zu denken, wird erst die Leistung von Paulus im Römerbrief sein). Es ist dennoch die rundere von beiden Deutungen:<br />(2) „Wenn du es gut machst=gut sein lässt, [hat das gute Folgen für dich]. Wenn du es aber nicht gut sein lässt, ist er=Abel hingelagert als Tür=Zugang/Anlass zur Sünde, wo er doch nach dir Verlangen hat; und du sollst über ihn herrschen“. Das soll ernsthaft bedeuten: „Wenn du dich damit abfinden kannst, dass ich auf Abels Opfer geblickt habe und auf deines nicht, hat das gute Folgen für dich. Wenn du dich aber nicht damit abfinden kannst, wird das noch dazu führen, dass du wegen Abel sündigst! Dabei wünscht er sich doch Harmonie zwischen euch beiden, und ohnehin bist du ihm doch als Erstgeborener übergeordnet.“ (so Willi 1983; Heyden 2003; Janowski 2003b; Rohde 2009). Dass Abel „hingelagert ist“, soll seinen Grund darin haben, dass er ja ein Hirte ist, und Hirten „lagern“ schließlich ebenso wie ihre Schafe. Schon das ist sehr fernliegend; v.a. aber sind die Deutungen des „Verlangens“ als „Harmoniebedürftigkeit“ und die der „Tür zur Sünde“ als „Anlass zur Sünde“ unmöglich. Letzteres rechtfertigt Janowski mit Hinweis auf [[1 Könige 19#s13 |1 Kön 19,13]] und [[Hosea 2#s17 |Hos 2,17]] und Heyden außerdem mit Hinweis auf dem mischnischen „Ausdruck“ „Tor=Anlass zur Umkehr“. Zu den beiden Bibelstellen vgl. richtig Schüle 2017, S. 199: Die „Tür“ in 1 Kön 19,13 ist einfach ein Höhleneingang, und dass das Achortal „Tor zur Hoffnung“ ist, heißt jedenfalls nicht, dass es „Anlass zur Hoffnung“ ist, und am wahrscheinlichsten wieder ganz unmetaphorisch „aus dem Achortal hinaus gelangt ihr an einen Ort / in eine Situation, wo / in der es mehr Hoffnung gibt.“ Beim ''petaḥ tešubah'' schließlich heißt es meist explizit, dass man durch es ''hindurchgehen'' könne oder müsse; hier ist von vornherein klar, dass nicht „Anlass“ gemeint ist. Von diesen beiden Deutungen sollte man daher besser die erste vorziehen.<br />'''Anm.''' (S.W.): Ich möchte gerne eine dritte Deutung vorschlagen. Auszugehen ist m.E. davon, dass beide Sätze offensichtlich parallel gebaut sind: „Wenn du gut handelst, gilt A, wenn du nicht gut handelst, gilt B“. In A ist die Rede von „Erhebung“, in B von „Liegen / Hinlagern“. Bezieht sich die „Erhebung“ auf Kain, sollte man durchaus erwarten, dass sich auch das „Liegen / Hinlagern“ auf Kain bezieht. Soviel zur Struktur des Textes; von hier aus weiter:<br />Dass jemand „an Türen lagert/liegt“, ist in der Bibel am häufigsten von Bettlern belegt (aber s. noch [[Ijob 31#s9 |Ijob 31,9]]). S. am deutlichsten [[Lukas 16#s20 |Lk 16,20]] (Der Bettler Lazarus liegt vor dem Tor des Reichen); [[Apostelgeschichte 3#s2 |Apg 3,2]] (ein Bettler liegt am Tempeltor; vgl. hierzu noch Josephus, ''Gegen Apion'' 1.305: „...als Bocchoris Pharao von Ägypten war, flohen die Juden zu den Tempeln und kamen dort durch Betteln an ihr Essen“); ähnlich [[Lukas 18#s35 |Lk 18,35]] (ein Bettler „saß auf der Straße“). Auch Ijob setzt sich, nachdem er Familie, Hab und Gut verloren hat, in [[Ijob 2#s8 |Ijob 2,8]] in den Dunghaufen, also wohl ebenfalls vors Tor (s. [[Nehemia 2#s13 |Neh 2,13]] u.ö.: „Dung-Tor“ = „Tor, vor dem man den Dung auf den Haufen kippt“), wo er dann offenbar bettelt. Orientiert man sich an diesen Stellen, ist „Lagern/Liegen vor dem Tor“ Ausdruck für den absoluten Statusverlust eines Israeliten. Das passt gut zur vorangehenden Zeile; ''ße´et'' („Erhöhung“) ''kann'' zwar vielleicht wirklich Abkürzung von „Erhöhung deines Gesichts“ sein – aber an sich ist alleiniges ''ße´et'' gut verständlich; es steht häufiger für hohen Status oder „Hoheit“ ([[Genesis 49#s3 |Gen 49,3]]; [[Psalm 62#s5 |Ps 62,5]]; wohl auch [[Ijob 13#s11 |Ijob 13,11]]; [[Ijob 31#s23 |31,23]]; [[Habakuk 1#s7 |Hab 1,7]]). Bis dahin also: „Handelst du gut, heißt das: Statuserhöhung / hoher Status, handelst du dagegen nicht gut, heißt das: Statusverlust“. Dann muss man nur noch die „Sünde“ als adverbialen Akkusativ des Grundes deuten (wie [[Jesaja 7#s25 |Jes 7,25]]: „du gehst nicht dorthin Furcht vor Dornen“ = „du gehst nicht dorthin ''wegen'' der Furcht vor Dornen“) und kann die Sätze sinnvoll auflösen: „Handelst du gut, heißt das: Erhöhung, handelst du aber nicht gut, heißt das: Am Tor wegen Sünde liegen“. „Liegen“, das man im Hebräischen dann eigentlich vor „am Tor“ erwarten würde, wäre ans Satzende geschoben worden, um den Satz noch mehr mit dem vorangehenden zu parallelisieren, der ja ähnlich mit dem Parallelbegriff „Erhöhung“ endet. Nimmt man das zusammen, würde Gott hier Kain also nicht belehren, sondern zusammenstauchen: „Wie kannst ''du'' denn jetzt zornig sein? Abel hat mit seinem erstklassigen Opfer nun mal besser gehandelt als du, und so ist das nun mal – Grund zum Stolz, Schlechtes Handeln – aufgrund der Sünde Grund zur Scham“. Und dann sogar noch weiter: „Dabei sollte doch er=Abel dir als älterem Bruder willens sein und du über ihn herrschen“, und doch hast du dich „überopfern“ lassen!</ref>
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_Und du sollst über ihn herrschen!“<ref>''V. 7'' ist unter Exeget:innen berühmt dafür, wie schwierig er ist. Hauptsächlich zwei Deutungen sind aktuell noch im Umlauf (wenn man von den ebenfalls häufigen Annahmen absieht, der Wortlaut sei hoffnungslos verderbt oder aus irgend einem Grund sei später dieser unverständliche Satz hier nachgetragen worden, weshalb man ihn ignorieren könne):<br />(1) Die meisten deuten so: „Es gilt doch: Handelst du gut, heißt das: Du kannst [dein Gesicht] wieder erheben(, musst also nicht zornig sein). Handelst du aber nicht gut, heißt das: Vor deiner Tür ist die Sünde ein Lauerer, der nach dir giert, aber du sollst über ihn herrschen.“ Ansatzpunkt dieser Deutung ist es, dass in Mesopotamien die Vorstellung verbreitet war, dass Dämonen vor allem vor Haustüren anzutreffen seien, durch die sie in Häuser gelangen wollten, weshalb Exorzisten Rituale an Türschwellen durchführen mussten. Entsprechend würde hier die Sünde personifiziert und wie ein solcher Dämon gedacht, der sich Kains bemächtigen wolle. Schwierig bei dieser Deutung ist v.a., dass die Vorstellung von an Türen lauernden Dämonen dem Alten Testament ebenso fremd ist wie die einer personifizierten Sünde (die Sünde so zu denken, wird erst die Leistung von Paulus im Römerbrief sein). Es ist dennoch die rundere von beiden Deutungen:<br />(2) „Wenn du es gut machst=gut sein lässt, [hat das gute Folgen für dich]. Wenn du es aber nicht gut sein lässt, ist er=Abel hingelagert als Tür=Zugang/Anlass zur Sünde, wo er doch nach dir Verlangen hat; und du sollst über ihn herrschen“. Das soll ernsthaft bedeuten: „Wenn du dich damit abfinden kannst, dass ich auf Abels Opfer geblickt habe und auf deines nicht, hat das gute Folgen für dich. Wenn du dich aber nicht damit abfinden kannst, wird das noch dazu führen, dass du wegen Abel sündigst! Dabei wünscht er sich doch Harmonie zwischen euch beiden, und ohnehin bist du ihm doch als Erstgeborener übergeordnet.“ (so Willi 1983; Heyden 2003; Janowski 2003b; Rohde 2009). Dass Abel „hingelagert ist“, soll seinen Grund darin haben, dass er ja ein Hirte ist, und Hirten „lagern“ schließlich ebenso wie ihre Schafe. Schon das ist sehr fernliegend; v.a. aber sind die Deutungen des „Verlangens“ als „Harmoniebedürftigkeit“ und die der „Tür zur Sünde“ als „Anlass zur Sünde“ unmöglich. Letzteres rechtfertigt Janowski mit Hinweis auf [[1 Könige 19#s13 |1 Kön 19,13]] und [[Hosea 2#s17 |Hos 2,17]] und Heyden außerdem mit Hinweis auf dem mischnischen „Ausdruck“ „Tor=Anlass zur Umkehr“. Zu den beiden Bibelstellen vgl. richtig Schüle 2017, S. 199: Die „Tür“ in 1 Kön 19,13 ist einfach ein Höhleneingang, und dass das Achortal „Tor zur Hoffnung“ ist, heißt jedenfalls nicht, dass es „Anlass zur Hoffnung“ ist, und am wahrscheinlichsten wieder ganz unmetaphorisch „aus dem Achortal hinaus gelangt ihr an einen Ort / in eine Situation, wo / in der es mehr Hoffnung gibt.“ Beim ''petaḥ tešubah'' schließlich heißt es meist explizit, dass er offen sei oder dass man durch ihn ''hindurchgehen'' könne oder müsse (z.B. Midrasch DtnR 2,12; KlgR 3,43: „Die Tore der Umkehr sind beständig weit geöffnet“; [https://www.jstor.org/stable/pdf/1450754.pdf Montefiore 1904] hat weitere gesammelt); hier ist von vornherein klar, dass nicht „Anlass“ gemeint ist. Von diesen beiden Deutungen sollte man daher besser die erste vorziehen.<br />'''Anm.''' (S.W.): Ich möchte gerne eine dritte Deutung vorschlagen. Auszugehen ist m.E. davon, dass beide Sätze offensichtlich parallel gebaut sind: „Wenn du gut handelst, gilt A, wenn du nicht gut handelst, gilt B“. In A ist die Rede von „Erhebung“, in B von „Liegen / Hinlagern“. Bezieht sich die „Erhebung“ auf Kain, sollte man durchaus erwarten, dass sich auch das „Liegen / Hinlagern“ auf Kain bezieht. Soviel zur Struktur des Textes; von hier aus weiter:<br />Dass jemand „an Türen lagert/liegt“, ist in der Bibel am häufigsten von Bettlern belegt (aber s. noch [[Ijob 31#s9 |Ijob 31,9]]). S. am deutlichsten [[Lukas 16#s20 |Lk 16,20]] (Der Bettler Lazarus liegt vor dem Tor des Reichen); [[Apostelgeschichte 3#s2 |Apg 3,2]] (ein Bettler liegt am Tempeltor; vgl. hierzu noch Josephus, ''Gegen Apion'' 1.305: „...als Bocchoris Pharao von Ägypten war, flohen die Juden zu den Tempeln und kamen dort durch Betteln an ihr Essen“); ähnlich [[Lukas 18#s35 |Lk 18,35]] (ein Bettler „saß auf der Straße“). Auch Ijob setzt sich, nachdem er Familie, Hab und Gut verloren hat, in [[Ijob 2#s8 |Ijob 2,8]] in den Dunghaufen, also wohl ebenfalls vors Tor (s. [[Nehemia 2#s13 |Neh 2,13]] u.ö.: „Dung-Tor“ = „Tor, vor dem man den Dung auf den Haufen kippt“), wo er dann offenbar bettelt. Orientiert man sich an diesen Stellen, ist „Lagern/Liegen vor dem Tor“ Ausdruck für den absoluten Statusverlust eines Israeliten. Das passt gut zur vorangehenden Zeile; ''ße´et'' („Erhöhung“) ''kann'' zwar vielleicht wirklich Abkürzung von „Erhöhung deines Gesichts“ sein – aber an sich ist alleiniges ''ße´et'' gut verständlich; es steht häufiger für hohen Status oder „Hoheit“ ([[Genesis 49#s3 |Gen 49,3]]; [[Psalm 62#s5 |Ps 62,5]]; wohl auch [[Ijob 13#s11 |Ijob 13,11]]; [[Ijob 31#s23 |31,23]]; [[Habakuk 1#s7 |Hab 1,7]]). Bis dahin also: „Handelst du gut, heißt das: Statuserhöhung / hoher Status, handelst du dagegen nicht gut, heißt das: Statusverlust“. Dann muss man nur noch die „Sünde“ als adverbialen Akkusativ des Grundes deuten (wie [[Jesaja 7#s25 |Jes 7,25]]: „du gehst nicht dorthin Furcht vor Dornen“ = „du gehst nicht dorthin ''wegen'' der Furcht vor Dornen“) und kann die Sätze sinnvoll auflösen: „Handelst du gut, heißt das: Erhöhung, handelst du aber nicht gut, heißt das: Am Tor wegen Sünde liegen“. „Liegen“, das man im Hebräischen dann eigentlich vor „am Tor“ erwarten würde, wäre ans Satzende geschoben worden, um den Satz noch mehr mit dem vorangehenden zu parallelisieren, der ja ähnlich mit dem Parallelbegriff „Erhöhung“ endet. Nimmt man das zusammen, würde Gott hier Kain also nicht belehren, sondern zusammenstauchen: „Wie kannst ''du'' denn jetzt zornig sein? Abel hat mit seinem erstklassigen Opfer nun mal besser gehandelt als du, und so ist das nun mal – Grund zum Stolz, Schlechtes Handeln – aufgrund der Sünde Grund zur Scham“. Und dann sogar noch weiter: „Dabei sollte doch er=Abel dir als älterem Bruder willens sein und du über ihn herrschen“, und doch hast du dich „überopfern“ lassen!</ref>
  
  

Version vom 18. Januar 2023, 02:13 Uhr

Syntax ungeprüft

SF ungeprüft.png
Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Anmerkungen

Studienfassung (Genesis 4)

1 Adam erkanntea seine Frau Eva. Und Eva empfing und gebar den Kain (Schmied, Kauf?).b Da sagte sie: „Ich habe einen Mann erkauft (hervorgebracht, geschaffen) an der Seite von JHWH (erkauft. Mit mir ist JHWH)!“c 2 Weiter gebar sie seinen Bruder Abel (=Windhauch, Flüchtig). Abel wurde Kleinvieh-Hirte, Kain aber wurde Land-Wirt.d 3 {Und es geschah:} (Nach dem Verlauf der Zeit=) Als die Zeit gekommen war, brachte Kain von der Frucht des Erdbodens dem JHWH ein Opfer dar. 4 Abel aber – auch er! – brachte dar von den Erstgeburten seines Viehs, und zwar ihre Fettstücke.
JHWH blickte auf Abel und auf sein Opfer, 5 auf Kain aber und auf sein Opfer blickte er nicht. Da loderte es in Kain und sein Gesicht senkte sich. 6 Da sagte JHWH zu Kain:

„Warum lodert es in dir
Und warum hat sich dein Gesicht gesenkt?
7 Gilt nicht: Handelst du gut, [heißt das:] Erhebung (Erhöhung),
Handelst du aber nicht gut, [heißt das:] Vor der Tür [ist] die Sünde [wie ein] Lagerer?
(Nach dir soll doch sein Verlangen sein=) Er soll dir doch willens sein
Und du sollst über ihn herrschen!“e
8 Danach sagte Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns auf das Feld hinübergehen. So geschah es, als sie auf dem Feld waren, dass Kain dann über Abel, seinen Bruder, herfiel und ihn tötete.
9 Später fragte JHWH den Kain: Wo ist dein Bruder? und er antwortete: Ich weiß nicht - bin ich meines Bruders Hüter?
10 Und er sprach: Was hast du getan? Hör mir zu wenn ich mit dir redef Das Blut deines Bruders schreit vom Erdboden her zu mir.
11 Und nun bist du zur Verbannung vom Erdboden verflucht, der seinen Mund aufgetan hat, um das Blut deines Bruders aus deiner Hand zu empfangen.
12 Wenn du den Erdboden bebaust, wird er dir seine Kraft nicht wiedergeben. Ein Umherirrender und ein Flüchtling wirst du auf der Erde werden
13 Und Kain sprach zu JHWH: Meine Strafe (schuld) ist [zu] groß, ich ertrage es nicht (mehr als zu tragen ist, mehr als ic htragen kann).
14 Du vertreibst mich [tatsächlich] an diesem Tag von der Oberfläche des Ackerbodens, und vor deinem Angesicht werde ich verborgen sein (verberge ich mich); und ich muss ein Umherirrender (Unsteter) und ein Flüchtling (Wanderer) auf der Erde werden, und {es wird [so] sein} wer mich findet, wird (kann) mich [sicherlich] töten.
15 Und JHWH sprach zu ihm: Darum (Führwahr), jeder Mörder Kains (jeder, der Kain tötet) wird siebenmal Rache erleiden. Und JHWH setzte (legte) für Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihm begegnet (trifft, findet).
16 Und Kain ging von JHWH weg und ließ sich nieder (wohnte) im Land Nod (der Flüchtlingschaft)g, das östlich von Eden lag.
17 Und Kain erkannte seiner Frau, und sie wurde schwanger und gebar Henoch. Und er war Erbauer einer Stadt, und der Name der Stadt war, nach dem Namen seines Sohnes, Henoch.
18 Und Henoch wurde Irad geboren. Und Irad zeugte Mehujaël, und Mehujaël zeugte Metuschaël, und Metuschaël zeugte Lamech.
19 Und Lamech nahm sich zwei Frauen. Der Name der ersten war Ada, und der Name der zweiten war Zilla.
20 Und Ada gebar Jabal. Er wurde der Stammvater derer, die [im] Zelt und [bei] Vieh wohnen.
21 Und der Name seines Bruders war Jubal. Er wurde der Stammvater all derer, die Harfe (Zither, Leier) und Pfeife (Flöte) spielen.
22 Was Zilla betrifft, sie gebar ebenfalls, [nämlich] Tubal-Kain, [er wurde der Stammvater all derer] die Kupfer und Eisen schmieden.h Und die Schwester Tubal-Kains war Naama.
23 Und Lamech sprach zu seinen Frauen:
<poem> Ada und Zilla, hört meine Stimme,
ihr Frauen Lamechs, hört meine Rede:
Einen Mann habe ich getötet, weil er mich verwundete (für meine Wunde),
einen Jüngling, weil er mir eine Strieme (Beule) [machte] (für eine Strieme).
24 Wenn Kain siebenmal zu rächen ist (gerächt wird),
dann Lamech siebenundsiebzigmal.

25 Und Adam hatte dann wieder Verkehr mit seiner Frau, und so gebar sie einen Sohn und gab ihm den Namen Seth, denn wie sie sagte: Gott hat an Stelle Abels einen anderen Samen gesetzt, weil Kain ihn getötet hat. 26 Und auch dem Seth wurde ein Sohn geboren, und er gab ihm dann den Namen Enosch. Zu jener Zeit fing man an, den Namen JHWH zu rufen.

Anmerkungen

aerkennen ist ein häufiger Euphemismus für „Geschlechtsverkehr haben“. Es ist das selbe Verb, das auch in Gen 2-3 den Baum als „Baum der Erkenntnis beschrieb“. (Zurück zu v.1)
bKain (Schmied, Kauf?) - Volksetymologie: Zeile 2 erklärt den Namen Qajn mit dem Wort qanah („kaufen“). Tatsächlich bedeutet Qajn nicht „Kauf“, sondern wahrscheinlich „Schmied“ wie gleich bei seinem Nachfahren. (Zurück zu v.1)
cIch habe einen Mann erkauft (hervorgebracht, geschaffen) an der Seite von JHWH (erkauft. Mit mir ist JHWH)! - schwierige Stelle. Den Sinn erfasst wohl richtig Eskenazi 2008, S. 19: „Both I and JHWH have made a man!“ (ähnlich z.B. Wenham 1987). Erwartet hätte man dafür aber etwas wie „Ich habe mit JHWH an meiner Seite einen Sohn geboren!“ Offenbar ist Eva so fixiert auf ihre Leistung, das erste Kind der Welt zur Welt gebracht zu haben, dass sie statt „mit JHWH an meiner Seite“ (s. Num 14,9: Jes 43,5; Am 5,14; Ps 12,5) „ich an der Seite von JHWH“ sagt; zudem verwendet sie keines der üblichen Worte für „hervorbringen“, sondern mit „erkaufen“ eines, das ihre Leistung bei der Geburt dieses Sohnes betont (ähnlich nur noch Dtn 32,6; Ps 139,13; Spr 8,22; so aber auch in mehreren verwandten Sprachen, vgl. z.B. Thomas 2017. Kaufpreis sind gewiss nicht die Geburtsschmerzen – so nämlich Borger 1959; Willi-Plein 1995, S. 16 FN 43 – sondern die ganze Zeit der Schwangerschaft, die in Gen 3 insgesamt als „Mühsal“ beschrieben wurde). „Mann“ statt „Kind“ schließlich soll wohl betonen, dass von nun an nicht mehr die `adamah (der „Erdboden“) „Erdlinge“ hervorbringt, sondern Frauen (`iššah) Männer (`iš; gut van Wolde 1991, S. 27).
„Mit der Hilfe von Gott“ könnte dann etwas ähnliches zum Ausdruck bringen wie b.Nid 31a: „Drei Teilhaber wirken an der Entstehung des Menschen mit: Gott, der Vater, die Mutter(so auch BerR 22,1; Raschi z.St.). Vielleicht wird aber auch nur dafür gedankt, dass Eva nicht im Kindsbett gestorben ist wie viele Mütter im Alten Israel.
Andere Deutungen: (1) Man deute `et nicht wie oben als „(helfend) an der Seite von“, sondern anmaßender wie in Ex 20,23: „Ich – auf einer Ebene mit JHWH – habe einen Mann geschaffen!“ (z.B. Cassuto 1961; Westermann 1983). Gegen den häufigen Einwand, qanah bedeute nie „schaffen“ sondern nur „(Kinder) hervorbringen“, vgl. den Personennamen Elqanah (gewiss: „Gott hat [dieses Kind] geschaffen“), Qanayah und Qanayau („Yah / Yau hat [dieses Kind] geschaffen“) und die Kurzform Qani / Qanaj ([Gott] hat [dieses Kind] geschaffen“), s. DAHPN.
(2) Im Akkadischen kann wie im Deutschen „kaufen bei“ offenbar auch „erkaufen von“ bedeuten; vgl. v.a. den Personennamen Itti-ili-ašamšu („von Gott habe ich ihn gekauft“). Nimmt man das auch für das Hebräische an, könnte der Satz ähnlich wie oben bedeuten: „Ich habe einen Mann von Gott gekauft“ (Borger 1959; Hamilton 1990; Willi-Plein 1995, S. 16 FN 43).
(3) Ehrlich 1908, S. 18 liest das j in `t JHWH als shared consonant und teilt in zwei Sätze auf. Besser als Ehrlich („Ich habe meinen Mann wiedergewonnen. Mit mir ist JHWH!“) nimmt man aber auch dann den „Mann“ als den geborenen Sohn: „Ich habe einen Mann erkauft/geboren. Mit mir ist JHWH!“
Häufig vertreten wurde auch „Ich habe ihn mit JHWH gezeugt“ (z.B. Sarna 2001). Aber das dürfte sprachlich nicht möglich sein. (Zurück zu v.1)
dLandwirt - W. „Erdboden-Diener“, Kain tritt also in die Fußstapfen seines Vaters. (Zurück zu v.2)
eV. 7 ist unter Exeget:innen berühmt dafür, wie schwierig er ist. Hauptsächlich zwei Deutungen sind aktuell noch im Umlauf (wenn man von den ebenfalls häufigen Annahmen absieht, der Wortlaut sei hoffnungslos verderbt oder aus irgend einem Grund sei später dieser unverständliche Satz hier nachgetragen worden, weshalb man ihn ignorieren könne):
(1) Die meisten deuten so: „Es gilt doch: Handelst du gut, heißt das: Du kannst [dein Gesicht] wieder erheben(, musst also nicht zornig sein). Handelst du aber nicht gut, heißt das: Vor deiner Tür ist die Sünde ein Lauerer, der nach dir giert, aber du sollst über ihn herrschen.“ Ansatzpunkt dieser Deutung ist es, dass in Mesopotamien die Vorstellung verbreitet war, dass Dämonen vor allem vor Haustüren anzutreffen seien, durch die sie in Häuser gelangen wollten, weshalb Exorzisten Rituale an Türschwellen durchführen mussten. Entsprechend würde hier die Sünde personifiziert und wie ein solcher Dämon gedacht, der sich Kains bemächtigen wolle. Schwierig bei dieser Deutung ist v.a., dass die Vorstellung von an Türen lauernden Dämonen dem Alten Testament ebenso fremd ist wie die einer personifizierten Sünde (die Sünde so zu denken, wird erst die Leistung von Paulus im Römerbrief sein). Es ist dennoch die rundere von beiden Deutungen:
(2) „Wenn du es gut machst=gut sein lässt, [hat das gute Folgen für dich]. Wenn du es aber nicht gut sein lässt, ist er=Abel hingelagert als Tür=Zugang/Anlass zur Sünde, wo er doch nach dir Verlangen hat; und du sollst über ihn herrschen“. Das soll ernsthaft bedeuten: „Wenn du dich damit abfinden kannst, dass ich auf Abels Opfer geblickt habe und auf deines nicht, hat das gute Folgen für dich. Wenn du dich aber nicht damit abfinden kannst, wird das noch dazu führen, dass du wegen Abel sündigst! Dabei wünscht er sich doch Harmonie zwischen euch beiden, und ohnehin bist du ihm doch als Erstgeborener übergeordnet.“ (so Willi 1983; Heyden 2003; Janowski 2003b; Rohde 2009). Dass Abel „hingelagert ist“, soll seinen Grund darin haben, dass er ja ein Hirte ist, und Hirten „lagern“ schließlich ebenso wie ihre Schafe. Schon das ist sehr fernliegend; v.a. aber sind die Deutungen des „Verlangens“ als „Harmoniebedürftigkeit“ und die der „Tür zur Sünde“ als „Anlass zur Sünde“ unmöglich. Letzteres rechtfertigt Janowski mit Hinweis auf 1 Kön 19,13 und Hos 2,17 und Heyden außerdem mit Hinweis auf dem mischnischen „Ausdruck“ „Tor=Anlass zur Umkehr“. Zu den beiden Bibelstellen vgl. richtig Schüle 2017, S. 199: Die „Tür“ in 1 Kön 19,13 ist einfach ein Höhleneingang, und dass das Achortal „Tor zur Hoffnung“ ist, heißt jedenfalls nicht, dass es „Anlass zur Hoffnung“ ist, und am wahrscheinlichsten wieder ganz unmetaphorisch „aus dem Achortal hinaus gelangt ihr an einen Ort / in eine Situation, wo / in der es mehr Hoffnung gibt.“ Beim petaḥ tešubah schließlich heißt es meist explizit, dass er offen sei oder dass man durch ihn hindurchgehen könne oder müsse (z.B. Midrasch DtnR 2,12; KlgR 3,43: „Die Tore der Umkehr sind beständig weit geöffnet“; Montefiore 1904 hat weitere gesammelt); hier ist von vornherein klar, dass nicht „Anlass“ gemeint ist. Von diesen beiden Deutungen sollte man daher besser die erste vorziehen.
Anm. (S.W.): Ich möchte gerne eine dritte Deutung vorschlagen. Auszugehen ist m.E. davon, dass beide Sätze offensichtlich parallel gebaut sind: „Wenn du gut handelst, gilt A, wenn du nicht gut handelst, gilt B“. In A ist die Rede von „Erhebung“, in B von „Liegen / Hinlagern“. Bezieht sich die „Erhebung“ auf Kain, sollte man durchaus erwarten, dass sich auch das „Liegen / Hinlagern“ auf Kain bezieht. Soviel zur Struktur des Textes; von hier aus weiter:
Dass jemand „an Türen lagert/liegt“, ist in der Bibel am häufigsten von Bettlern belegt (aber s. noch Ijob 31,9). S. am deutlichsten Lk 16,20 (Der Bettler Lazarus liegt vor dem Tor des Reichen); Apg 3,2 (ein Bettler liegt am Tempeltor; vgl. hierzu noch Josephus, Gegen Apion 1.305: „...als Bocchoris Pharao von Ägypten war, flohen die Juden zu den Tempeln und kamen dort durch Betteln an ihr Essen“); ähnlich Lk 18,35 (ein Bettler „saß auf der Straße“). Auch Ijob setzt sich, nachdem er Familie, Hab und Gut verloren hat, in Ijob 2,8 in den Dunghaufen, also wohl ebenfalls vors Tor (s. Neh 2,13 u.ö.: „Dung-Tor“ = „Tor, vor dem man den Dung auf den Haufen kippt“), wo er dann offenbar bettelt. Orientiert man sich an diesen Stellen, ist „Lagern/Liegen vor dem Tor“ Ausdruck für den absoluten Statusverlust eines Israeliten. Das passt gut zur vorangehenden Zeile; ße´et („Erhöhung“) kann zwar vielleicht wirklich Abkürzung von „Erhöhung deines Gesichts“ sein – aber an sich ist alleiniges ße´et gut verständlich; es steht häufiger für hohen Status oder „Hoheit“ (Gen 49,3; Ps 62,5; wohl auch Ijob 13,11; 31,23; Hab 1,7). Bis dahin also: „Handelst du gut, heißt das: Statuserhöhung / hoher Status, handelst du dagegen nicht gut, heißt das: Statusverlust“. Dann muss man nur noch die „Sünde“ als adverbialen Akkusativ des Grundes deuten (wie Jes 7,25: „du gehst nicht dorthin Furcht vor Dornen“ = „du gehst nicht dorthin wegen der Furcht vor Dornen“) und kann die Sätze sinnvoll auflösen: „Handelst du gut, heißt das: Erhöhung, handelst du aber nicht gut, heißt das: Am Tor wegen Sünde liegen“. „Liegen“, das man im Hebräischen dann eigentlich vor „am Tor“ erwarten würde, wäre ans Satzende geschoben worden, um den Satz noch mehr mit dem vorangehenden zu parallelisieren, der ja ähnlich mit dem Parallelbegriff „Erhöhung“ endet. Nimmt man das zusammen, würde Gott hier Kain also nicht belehren, sondern zusammenstauchen: „Wie kannst du denn jetzt zornig sein? Abel hat mit seinem erstklassigen Opfer nun mal besser gehandelt als du, und so ist das nun mal – Grund zum Stolz, Schlechtes Handeln – aufgrund der Sünde Grund zur Scham“. Und dann sogar noch weiter: „Dabei sollte doch er=Abel dir als älterem Bruder willens sein und du über ihn herrschen“, und doch hast du dich „überopfern“ lassen! (Zurück zu v.7)
fIst diese Übersetzung so korrekt? (Zurück zu v.10)
gDer Name des Landes „Nod“ und der Begriff aus Vers 14 für Flüchtling/Wanderer gehen auf die selbe Wurzel zurück. (Zurück zu v.16)
hHier wird der textkritischen Meinung gefolgt, die einen parallelen Aufbau wie im vorhergehenden Vers vermutet, also „er wurde Stammvater all derer“ (u.a. Westermann, Genesis, 1. Teilband Genesis 1-11, 1974, S. 451). Eine wörtliche Übersetzung ist kaum möglich. Westermann geht davon aus, dass durch die Hinzufügung von לֹטֵ֕שׁ (was evtl. auf Waffenschmiede hindeutet) jene Phrase Wegfiel. (Zurück zu v.22)