Rut 2: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche
K (fertig bis 11.)
K
Zeile 33: Zeile 33:
 
{{S|9}} Deine Augen [seien] auf das Feld [gerichtet], das sie abernten<ref>''das sie abernten'' - „sie“: maskulin, also die männlichen Erntearbeiter.</ref>. Gehe hinter ihnen (zusammen mit ihnen)<ref>''ihnen'': feminin. Entweder also die weiblichen Ährenbündel-binderinnen, dann „folge ihnen“, oder die anderen Frauen, die Nachlese halten; dann „gehe an ihrer Seite“ (zu ''´achar'' als „(zusammen) mit“ s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/?title=Special%3ABibelstelle_aufschlagen&abk=Rut+1#note_aq FN aq] zu [[Rut 1#s15 |Rut 1,15]]). Aber der letzte weibliche Referent sind „meine Mädchen“, daher ist die erste Option doch sehr viel wahrscheinlicher.</ref>. [Hiermit] befehle ich meinen Jungen<ref name="Frage" />, dich nicht anzurühren (anzugreifen, mit dir keinen Geschlechtsverkehr zu haben)? Und wenn du Durst hast, gehe zu den Gefäßen und trinke von dem, was [auch] die Jungen schöpfen!“
 
{{S|9}} Deine Augen [seien] auf das Feld [gerichtet], das sie abernten<ref>''das sie abernten'' - „sie“: maskulin, also die männlichen Erntearbeiter.</ref>. Gehe hinter ihnen (zusammen mit ihnen)<ref>''ihnen'': feminin. Entweder also die weiblichen Ährenbündel-binderinnen, dann „folge ihnen“, oder die anderen Frauen, die Nachlese halten; dann „gehe an ihrer Seite“ (zu ''´achar'' als „(zusammen) mit“ s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/?title=Special%3ABibelstelle_aufschlagen&abk=Rut+1#note_aq FN aq] zu [[Rut 1#s15 |Rut 1,15]]). Aber der letzte weibliche Referent sind „meine Mädchen“, daher ist die erste Option doch sehr viel wahrscheinlicher.</ref>. [Hiermit] befehle ich meinen Jungen<ref name="Frage" />, dich nicht anzurühren (anzugreifen, mit dir keinen Geschlechtsverkehr zu haben)? Und wenn du Durst hast, gehe zu den Gefäßen und trinke von dem, was [auch] die Jungen schöpfen!“
 
{{S|10}} Da warf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärts<ref>''warf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärts'' - eine weitere gebräuchliche Doppelverbformel (s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_2#note_j FNn j]. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_2#note_t t]; zu dieser speziell vgl. Polak 1989, S. 451. Zur Wiedergabe mit „sie warf sich auf ihr Gesicht“ statt „sie fiel...“ vgl. Péter-Contesse 2013, S. 25); ebenso gedoppelt z.B. in [[Josua 5#s14 |Jos 5,14]]; [[1Samuel 25#s23 |1 Sam 25,23]]; [[2Samuel 9#s6 |2 Sam 9,6]]; [[2Samuel 14#s22 |14,22]]; [[2Chroniken 20#s18 |2 Chr 20,18]]; ähnlich [[1Samuel 20#s41 |1 Sam 20,41]]; [[2Samuel 14#s4 |2 Sam 14,4]]. Die Bedeutung ist nur: „Sie verneigte sich“; eine Geste, aus der gleichzeitig Demut und überwältigte Dankbarkeit spricht. Den Verneigungsgestus hat man sich in etwa vorzustellen wie die im Islam übliche Gebetshaltung: Man kniete sich nieder und beugte seinen Kopf zur Erde hinab (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 31). Richtig daher MSG: „Sie sank auf ihre Knie und beugte ihr Gesicht zur Erde“ (ähnlich EÜ, T4T), doch stiltreuer wäre einfach „Da warf Ruth sich vor ihm nieder“ (ähnlich z.B. GN, HfA, NeÜ, NL). Am besten NLT: „Da warf sich Ruth ihm zu Füßen nieder und dankte ihm herzlich [besser: rief überwältigt:]“.</ref> und sagte zu ihm: „Warum [nur] habe ich Gefallen in deinen Augen gefunden,<ref>''Gefallen in deinen Augen gefunden'' ≠ „Wie habe ich das verdient“, sondern „Wie kann das sein, dass du wohlgefällig auf mich blickst - obwohl ich doch Ausländerin bin?“; der letzte Satz ist klar der Gegensatz zu den ersten beiden. Das wird noch zusätzlich betont durch ein unübersetzbares Wortspiel: „... dass du wohlgefällig auf mich blickst und mich beachtest (''lähakireni'', von ''nakar'' „beachten“), obwohl ich doch Ausländerin (''nokrijah'') bin?“</ref> so dass du mich [wohlgefällig] ansiehst, obwohl ich Ausländerin [bin]?“
 
{{S|10}} Da warf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärts<ref>''warf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärts'' - eine weitere gebräuchliche Doppelverbformel (s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_2#note_j FNn j]. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_2#note_t t]; zu dieser speziell vgl. Polak 1989, S. 451. Zur Wiedergabe mit „sie warf sich auf ihr Gesicht“ statt „sie fiel...“ vgl. Péter-Contesse 2013, S. 25); ebenso gedoppelt z.B. in [[Josua 5#s14 |Jos 5,14]]; [[1Samuel 25#s23 |1 Sam 25,23]]; [[2Samuel 9#s6 |2 Sam 9,6]]; [[2Samuel 14#s22 |14,22]]; [[2Chroniken 20#s18 |2 Chr 20,18]]; ähnlich [[1Samuel 20#s41 |1 Sam 20,41]]; [[2Samuel 14#s4 |2 Sam 14,4]]. Die Bedeutung ist nur: „Sie verneigte sich“; eine Geste, aus der gleichzeitig Demut und überwältigte Dankbarkeit spricht. Den Verneigungsgestus hat man sich in etwa vorzustellen wie die im Islam übliche Gebetshaltung: Man kniete sich nieder und beugte seinen Kopf zur Erde hinab (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 31). Richtig daher MSG: „Sie sank auf ihre Knie und beugte ihr Gesicht zur Erde“ (ähnlich EÜ, T4T), doch stiltreuer wäre einfach „Da warf Ruth sich vor ihm nieder“ (ähnlich z.B. GN, HfA, NeÜ, NL). Am besten NLT: „Da warf sich Ruth ihm zu Füßen nieder und dankte ihm herzlich [besser: rief überwältigt:]“.</ref> und sagte zu ihm: „Warum [nur] habe ich Gefallen in deinen Augen gefunden,<ref>''Gefallen in deinen Augen gefunden'' ≠ „Wie habe ich das verdient“, sondern „Wie kann das sein, dass du wohlgefällig auf mich blickst - obwohl ich doch Ausländerin bin?“; der letzte Satz ist klar der Gegensatz zu den ersten beiden. Das wird noch zusätzlich betont durch ein unübersetzbares Wortspiel: „... dass du wohlgefällig auf mich blickst und mich beachtest (''lähakireni'', von ''nakar'' „beachten“), obwohl ich doch Ausländerin (''nokrijah'') bin?“</ref> so dass du mich [wohlgefällig] ansiehst, obwohl ich Ausländerin [bin]?“
{{S|11}} Boas anwortete {und sagte zu}<ref>''{<s>und sagte zu</s>}'' - Doppelte Redeeinleitung finden sich sehr häufig im Hebräischen und sind dort ganz gewöhnlich.</ref> ihr: „Berichtet {berichtet}<ref>''Berichtet {<s>berichtet</s>}'' - Ein sog. „tautologischer Infinitiv“: Ein Verb wird doppelt verwendet; einmal im Infinitiv und einmal als finites Verb. Nicht: „Mir wurde ''genau'' berichtet“ (so viele Üss.); die Funktion dieser Konstruktion ist es, den ''Modus'' der ''gesamten'' Aussage zu betonen (vgl. Jenni §10.3.1.1); hier soll also betont werden, dass Boas ''in der Tat'' von Ruts Handeln berichtet wurde (vgl. IBHS § 35.3.1b), da dieser Bericht von Ruts Handeln für Boas das Gegengewicht zu ihrem Ausländertum darstellt und schwerer wiegt als dieses. Also: „Ich versichere dir: Mir wurde berichtet“, d.h. in idiomatischerem Deutsch: „Weil mir ''[ja/doch/...]'' berichtet wurde,...“ (ebenso [[Josua 9#s24 |Jos 9,24]]).</ref> wurde mir alles, was du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hast<ref>''was du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hast'' - Ein „Segens-Update“: Noomi wünscht ihren Töchtern den Segen Gottes für alles, ''was sie ihr und ihren Ehemännern'' getan haben ([[Rut 1#s8 |Rut 1,8]]); Boas nun wünscht Rut Gottes Segen für alles, was sie in der Zwischenzeit, nämlich ''nach dem Tod ihres Mannes für ihre Schwiegermutter'' getan hat.</ref>: [dass] du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Geburt verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du vorher (gestern vorgestern)<ref>''vorher (gestern vorgestern)'' - W. „gestern vorgestern“; ein Idiom für „vorher, früher“.</ref> nicht kanntest.
+
{{S|11}} Boas anwortete {und sagte zu}<ref>''{<s>und sagte zu</s>}'' - Doppelte Redeeinleitung finden sich sehr häufig im Hebräischen und sind dort ganz gewöhnlich.</ref> ihr: „Berichtet {berichtet}<ref>''Berichtet {<s>berichtet</s>}'' - Ein sog. „tautologischer Infinitiv“: Ein Verb wird doppelt verwendet; einmal im Infinitiv und einmal als finites Verb. Nicht: „Mir wurde ''genau'' berichtet“ (so viele Üss.); die Funktion dieser Konstruktion ist es, den ''Modus'' der ''gesamten'' Aussage zu betonen (vgl. Jenni §10.3.1.1); hier soll also betont werden, dass Boas ''in der Tat'' von Ruts Handeln berichtet wurde (vgl. IBHS § 35.3.1b), da dieser Bericht von Ruts Handeln für Boas das Gegengewicht zu ihrem Ausländertum darstellt und schwerer wiegt als dieses. Also: „Ich versichere dir: Mir wurde berichtet“, d.h. in idiomatischerem Deutsch: „Weil mir ''[ja/doch/...]'' berichtet wurde,...“ (ebenso [[Josua 9#s24 |Jos 9,24]]).</ref> wurde mir alles, was du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hast<ref>''was du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hast'' - Ein „Segens-Update“: Noomi wünscht ihren Töchtern den Segen Gottes für alles, ''was sie ihr und ihren Ehemännern'' getan haben ([[Rut 1#s8 |Rut 1,8]]); Boas nun wünscht Rut Gottes Segen für alles, was sie in der Zwischenzeit, nämlich ''nach dem Tod ihres Mannes für ihre Schwiegermutter'' getan hat.</ref>: [dass] du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Geburt verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du vorher (gestern vorgestern)<ref>''vorher (gestern vorgestern)'' - W. „gestern vorgestern“; ein Idiom für „vorher, früher“.</ref> nicht kanntest.  
 
+
{{S|12}} JHWH vergelte dein Tun und dein Lohn sei voll von JHWH, dem Gott Israels, zu dem (weil) du gekommen bist, um unter seinen Flügeln (unter seinem Mantelsaum)<ref>''unter seinen Flügeln (unter seinem Mantelsaum)'' - zur Vorstellung des beflügelten JHWH s. noch [[Psalm 17#s8 |Ps 17,8]]; [[Psalm 36#s8 |36,8]]; [[Psalm 57#s2 |57,2]]; [[Psalm 61#s5 |61,5]]; [[Psalm 63#s8 |63,8]]; [[Psalm 91#s4 |91,4]] - eine geläufige Metapher für JHWH als schützende Gottheit; vergleichbar dem Bild der Schutzmantelmadonna. S. dazu noch die Anmerkungen.</ref> Schutz zu suchen!“
{{S|12}}  
 
  
 
{{S|13}}  
 
{{S|13}}  

Version vom 21. Februar 2015, 11:58 Uhr

Syntax ungeprüft

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Rut 2)

(kommt später)

Studienfassung (Rut 2)

1 Noomi hatte einen Verwandten (Bekannten)a ihres Mannes; einen mächtigen, fähigen Mannb aus der Sippe Elimelechsc. Sein Name war: Boas (in ihm ist Kraft, der Scharfsinnige)d. 2 Rut, die Moabiterin, sagte zu Noomi: „Ich würde [gerne] aufs Felde gehenf und an den Ähren mitleseng hinter dem [her], in dessen Augen ich Gefallen findeh.“ Sie sagte zu ihr: „Geh, meine Tochter!“i 3 [Also] ging und kamj und sammelte sie hinter den Schnittern an den Ähren mit.([Und das kam so: ])k
Zufällig geriet siel auf das Feldstücke des Boas, der aus der Sippe des Elimelech [war].

4 Und, siehe da: Da kam [auch schon]m Boas von Betlehem [her]. Er sagte zu den Schnittern: „JHWH [sei] mit euch!“ Und sie sagten zu ihm: „Es segne dich JHWH!“n 5 Und Boas sagte zu seinem Jungen (Angestellten)o, der über die Schnitter gestellt war: „[Zu] wem [gehört]p dieses Mädchen?“ 6 Der Junge, der über die Schnitter gestellt war, antwortete: „Ein moabitisches Mädchen [ist] diese, welches mit Noomi zurückgekehrt ist aus {dem Gebiet} (von den Feldern von) Moabq.r 7 Sie hat gesagt: ‚Ich würde [gerne] lesenf und bei den Ährenbündeln (in Ährenbündeln, zu Ährenbündeln, {bei den Ährenbündeln}?, Halme?)s hinter den Schnittern [her] sammeln.‘ Und (Also) sie kam und blieb (stand, las Ähren?, kam {und blieb}?)t vom Morgen bis gerade eben; (bis jetzt, dieses/diese/jetzt/hier/hierher)t ihr Sitzen (sie macht Pause?, sie kehrt zurück?, ihr Besitz?)t im Haus (das Haus, nach Hause?, das/auf dem Feld?)t [ist (währt)] [erst] seit Kurzem.“

8 Und Boas sagte zu Rut: „Höre, meine Tochter:u Gehe nicht (du musst nicht gehen) zum Sammeln auf ein anderes Feld und ziehe auch nicht fort (du musst nicht fortziehen) von hier, sondern hänge dich hier (so:) an meine Mädchen (bleibe hier bei meinen Mädchen, du darfst bleiben).v 9 Deine Augen [seien] auf das Feld [gerichtet], das sie aberntenw. Gehe hinter ihnen (zusammen mit ihnen)x. [Hiermit] befehle ich meinen Jungenu, dich nicht anzurühren (anzugreifen, mit dir keinen Geschlechtsverkehr zu haben)? Und wenn du Durst hast, gehe zu den Gefäßen und trinke von dem, was [auch] die Jungen schöpfen!“ 10 Da warf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärtsy und sagte zu ihm: „Warum [nur] habe ich Gefallen in deinen Augen gefunden,z so dass du mich [wohlgefällig] ansiehst, obwohl ich Ausländerin [bin]?“ 11 Boas anwortete {und sagte zu}aa ihr: „Berichtet {berichtet}ab wurde mir alles, was du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hastac: [dass] du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Geburt verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du vorher (gestern vorgestern)ad nicht kanntest. 12 JHWH vergelte dein Tun und dein Lohn sei voll von JHWH, dem Gott Israels, zu dem (weil) du gekommen bist, um unter seinen Flügeln (unter seinem Mantelsaum)ae Schutz zu suchen!“

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

Anmerkungen

aTextkritik: Verwandten (Bekannten) - beide Varianten finden sich in der Überlieferung des heb. Textes; u.a. haben Ketiv und LXX „Bekannter“ und Qere und VUL „Verwandter“. Die Bedeutung ist also entweder „Noomi war über ihren Ehemann mit einem Mann verwandt“ oder „Noomi war über ihren Ehemann mit einem Mann bekannt“. Fast alle - und deshalb auch wir - folgen der Variante „Verwandter“, aber man sollte doch fragen, was denn dann der Mehrwert des folgenden „er war aus der Sippe Elimelechs“ wäre. Auch lässt sich gerade wegen dieses Nachsatzes ein sekundäres Entstehen der Variante „Verwandter“ sehr viel besser erklären als der Variante „Bekannter“, und schließlich würde „Bekannter“ auch strukturell gut Sinn machen, da Boas im Verlauf des Kapitels verwandtschaftlich immer näher an Rut und Noomi heranzurücken scheint (1a: Bekannter => 1b: aus der Sippe Elimelechs => 20a: Verwandter => 20b: Goel (d.h. maximal um eine Ecke verwandt)), bis er in Rut 4,3 dann sogar als „unser Bruder“ bezeichnet wird und ihm Goel- und Schwagerehenpflichten und -rechte zugesprochen werden (s. dort), was dann der Knackpunkt des ganzen Kapitels sein wird. (Zurück zu v.1)
bmächtiger, fähiger Mann - W. isch („Mann“) gibbor („heldenhaft, stark, mächtig“) chajil („stark/fähig/wohlhabend“). Häufiger stehender Ausdruck, der fast stets für „mächtige Krieger“ steht. Weil das an unserer Stelle nicht gut in den Kontext passt, geht man meist entweder nicht von diesem stehenden Ausdruck aus, sondern von seinen einzelnen Bestandteilen, ignoriert dann auch noch häufig das gibbor und macht Boas so zu einem „(sehr) wohlhabenden/angesehenen(? - vielleicht eine Umdeutung von „heldenhaft“?) Mann“ (so z.B. ELB, FREE, H-R, LUT, MEN, NeÜ, SLT, TAF, van Ess, ZÜR), oder man leitet aus 1 Sam 9,1 und 2 Kön 15,20 ab, dass die Wendung isch gibbor chajil auch für reiche Grundbesitzer stehen könne (so viele Kommentare, auch ) - dabei ist an keiner der beiden Stellen von Grundbesitz die Rede, und auch wenn es sich dort auf Grundbesitzer beziehen würde, darf man daraus ja nicht ableiten, dass die Wendung deshalb auch „vermögender Grundbesitzer“ bedeutet.
Beide Lösungen sind also recht problematisch; vielleicht besser so: Ein isch gibbor chajil zu sein ist im Alten Israel ein stereotyper Bestandteil eines männlichen Tugendkatalogs: König David ist ein solcher, außerdem ist er schön und zudem redegewandt und musikalisch (s. 1 Sam 16,18). Ähnlich ist Kisch ein solcher und sein Sohn Saul ist schön (s. 1 Sam 9,1f). Ähnlich auch Jerobeam, der außerdem ein guter Handwerker ist (1 Kön 11,28) und Naaman, der außerdem von seinem Herrn geschätzt und voll der Ehre ist (s. 2 Kön 5,1); und wohl aus diesem Grund kann es dann in Jes 5,22 sogar metaphorisch-sarkastisch für Trunkenbolde verwendet werden (heldenhafte Weintrinker und mächtige Alkoholmischer). Vielleicht heißt es an unserer Stelle also nur: „Boas ist ein mächtig starker Typ“, und ein „mächtig starker Typ“ ist nach der verbreiteten Ansicht (/dem literarischen Stereotyp?) zu biblischer Zeit stets ein „mächtiger Krieger“.
Sehr wichtig ist in unserem Kontext aber außerdem, dass Boas in Rut 3,11 Rut als eine eschet chajil bezeichnet und sie so mit sich auf eine Stufe stellt; es ist daher sehr zu empfehlen, das Wort an beiden Stellen gleich zu übersetzen. Beides zusammennehmend scheint mir hier „mächtiger, fähiger Mann“ die sinnvollste Übersetzung zu sein. (Zurück zu v.1)
caus der Sippe Elimelechs - „Sippe“ = soziale Größe. Die Keimzelle der altisraelitischen Gesellschaft ist die „Familie“ (wörtl.: das „Haus“). Eine Stufe darüber steht die „Sippe“ - die „Großfamilie“ -, von denen es im Alten Israel etwa 60 Stück gab und von denen jede zu bevölkerungsreichen Zeiten wohl durchschnittlich etwa 10.000 Mitglieder hatte (vgl. Andersen 1969, S. 35). Noch eine Stufe darüber stehen die „zwölf Stämme“ (vgl. näher Verwandschaft (AT) (Wibilex)). Dass Boas aus der „Sippe“ Elimelechs stammt, heißt also, dass sie irgendwie verwandt sind; über den Grad der Verwandtschaft sagt es erst mal nichts.
Erwähnenswert ist noch, dass Boas in diesem ersten Vers zweimal über Elimelech ausschließlich der Noomi zugeordnet wird; am Ende des Kapitels (V. 20) dagegen wiederum doppelt ohne die Zwischenschaltung Elimelechs sowohl Noomi als auch Rut - was gut zum in FN a erwähnten verwandschaftlich-näher-Heranrücken des Boas an die beiden Frauen passt. (Zurück zu v.1)
dBoas (der Kraftvolle, der Scharfsinnige) - ein weiterer Name mit umstrittener Bedeutung. Die meisten deuten als bo az/oz („in ihm [ist] Kraft“), was sehr gut zu seiner Charakterisierung als isch gibbor chajil passt (s. FN b); vorgeschlagen wurde aber auch eine Ableitung vom arabischen barzun („Geistesstärke“), so z.B. Noth 1928, S. 228. Interessant in unserem Kontext ist vielleicht noch, dass vergleichbare Namen in Moab sehr verbreitet waren (vgl. z.B. die Namensliste in Snyder 2010, S. 669). (Zurück zu v.1)
eFeld (V. 2), Feldstück (V. 3) - „Feld“: Das gesamte Ackerland um Betlehem herum, im Unterschied zum „Feldstück“, das nur den Anteil des Boas an diesem gesamten Ackerland bezeichnet (vgl. z.B. Köhlmoos 2010, S. 31). (Zurück zu v.2 / zu v.3)
fIch würde [gerne] gehen (V. 2) + Ich würde [gerne] lesen (V. 7) - W. „Ich will gehen/lesen-na´“ / „Lass mich gehen/lesen-na´“. na´ ist ein sog. „Höflichkeitsmarker“ (vgl. bes. Wilt 1996; ad loc. auch Holmstedt 2010, S. 106); die vorgeschlagene Übersetzung trifft den Tonfall von Ruts Äußerung daher wesentlich besser. (Zurück zu v.2 / zu v.7)
gtFN: an den Ähren mitlesen: Nicht „in den Ähren lesen“; die Präposition b- hat hier die Funktion eines „Beth comitatus“: an den Ähren mit-lesen (so z.B. Gerleman 1965, S. 23; Zenger 1986, S. 55). Zum Ährenlesen s. näher die Anmerkungen. (Zurück zu v.2)
hhinter dem her, in dessen Augen ich Gefallen finde - häufige geprägte Wendung im Heb., die noch zwei weitere Male in diesem Kapitel kommen wird und jedes Mal anders zu übersetzen ist (s.u.). Hier drückt es aus, dass Rut für ihr Nachlesen des Wohlgefallens eines Mannes bedarf (s. die Anmerkungen). Sehr gut daher : „Ähren lesen, wo es mir jemand erlaubt“; ähnlich de Waard/Nida 1992, S. 22; H-R, HER05, HfA, MEN, NeÜ, NL, OEB. Noch treffender GN: „Ich finde schon jemand, der freundlich zu mir ist und es mir erlaubt.“, PAT: „bei jemand, der es mir freundlich erlaubt“ (Zurück zu v.2)
iGeh, meine Tochter! muss frei übersetzt werden. Das Hebräische hat kein Wort für „Ja“; Zustimmung wird daher ausgedrückt, indem eine vorige Äußerung teilweise wieder aufgegriffen wird (hier also: „Ich würde gerne gehen“ - „Geh!“; vgl. bes. Greenstein 1989, S. 53). Noomis Antwort klingt daher wörtlich übersetzt wesentlich knapper und harrscher, als sie eigentlich ist (vgl. z.B. etwas unglücklich : „Geh, Tochter!“). Besser de Waard/Nida 1992, S. 22; T4T: „Go ahead!“ (=„Mach das“); GN, NeÜ, MEN, NL: „Geh nur, meine Tochter“. Am besten HfA: „‚Ja‘, antwortete Noomi, ‚geh nur!‘“ (Zurück zu v.2)
jging und kam - Zu „ging und kam und...“ s. bes. noch 2 Sam 11,22: „Der Bote ging und kam und sagte David alles“. Es gibt noch viele ähnliche Stellen in der Bibel: Wenn im Hebräischen von einer Reise berichtet wird, kann der „Reisebericht“ häufig in die beiden „Reise-Episoden“ „(Fort)gehen“ und „Ankommen“ aufgesplittet werden. Oft dient diese Stileigentümlichkeit des Heb. zusätzlich dazu, einen Aspekt der Reise näher zu spezifizieren; z.B. die Reisegruppenkonstellation (Ri 13,11; 1 Sam 28,8; 30,9), den Reiseanlass (1 Sam 17,20; 1 Kön 19,3), den Reisemodus (1 Sam 19,18; 2 Sam 17,18; 1 Kön 20,43) oder nähere Angaben zu Ort (1 Sam 19,22; 1 Kön 17,10) und Zeit (2 Sam 4,5). Aber ebenso häufig - und wichtiger für unsere Stelle - ist, dass diese Stileigentümlichkeit ohne eine derartige Spezifizierung dann angewandt wird, wenn ausgedrückt werden soll, dass die Reise etwas länger dauert (Num 13,26; Jos 2,1; Ri 19,10; 1 Kön 14,17; 2Kön 4,25; 8,14; vgl. außerdem noch die Botenauftragsformel „Geh, komm!“ in 2 Kön 5,5; Jes 22,15; Ez 3,4.11). So ist wohl auch unsere Stelle zu verstehen: Rut sammelt nicht auf dem erstbesten Feldstück bei der Stadt, sondern „sie ging und kam“ soll ausdrücken, dass das das Feld etwas abseits liegt und sie eine längere Strecke dorthin zurücklegen musste - und umso größer ist der Zufall, dass es dann gerade das Feldstück des Boas ist, auf das sie gerät. So haben es wohl außerdem schon LXX, Syr und VUL verstanden, die einfach nur mit „sie ging“ übersetzen. (Zurück zu v.3)
k([Und das kam so: ]) - Hier müssen wir zu einer unwahrscheinlicheren der möglichen Deutungen greifen, weil wir nach den SF-Kriterien in V. 7 zu einer etablierten Verlegenheitsübersetzung greifen müssen (s. dort): Der Satz ist als einfache Aussage zu lesen, der den Beginn von Ruts Nachlesetätigkeit angibt.
Eigentlich wahrscheinlicher: Gar nicht selten finden sich in der Bibel sogenannte „proleptische Summarien“, d.h. Sätze, die nicht eigentlich zur „story“ gehören, sondern zusammenfassend eine folgende Handlung vorwegnehmen (vgl. bes. Ska 1995). Ein solches proleptisches Summarium ist auch „Also ging und kam und sammelte sie hinter den Schnittern an den Ähren mit“: V. 8 legt sehr nahe, dass Rut ihre Nachleseerlaubnis erst von Boas bekommt, sonst wäre sowohl ihre euphorische Reaktion in V. 10 als auch Boas Rede davon, dass Rut auf ein anderes Feld weiterziehen würde, ganz unverständlich; und folgerichtig identifiziert sie in Vv. 10.13 als „den, in dessen Augen sie Gefallen findet“, ja nicht den Aufseher, sondern gleich zwei Mal Boas (so ad loc. auch wieder Ska 1995, S. 324; auch Campbell 1975, S. 93; Hubbard 1988, S. 149, Ska 2003, S. 55). Aber da wir nach den SF-Kriterien V. 7 so auffassen müssen, dass Rut schon vor Boas´ Nachleseerlaubnis in V. 8 gesammelt hat, ist diese Deutung hier für unsere Übersetzung nicht gangbar. (Zurück zu v.3)
lZufällig geriet sie - unübersetzbare Figura etymologica: „Es fügte sich ihre Fügung“, „es zufällte ihr Zufall“. Wie schon das „sie ging und kam“ unterstreicht diese F.E. den großen Zufall, der zum Zusammentreffen Ruts und Boas führt. Das folgende Wort „Stück“ in „Feldstück“ hat auch die Bedeutung „Los, Schicksal“, was dies noch zusätzlich unterstreicht - man müsste beinahe übersetzen: „Ihr Zufall zufällte das dem Boas zugefallene Feld“. (Zurück zu v.3)
mUnd, siehe da: Da kam [auch schon] - W. „Und siehe, es [war] kommend Boas...“. „Und siehe“ markiert das im Folgenden Geschilderte als überraschend; „und siehe“ + Partizip drückt oft aus, dass überraschenderweise „genau das richtige passiert“ (Campbell 1975, S. 93; ebenso z.B. Berlin 1994, S. 92f). Ein weiterer Zufall also, der zum Zusammentreffen von Rut und Boas führt. (Zurück zu v.4)
nJHWH [sei] mit euch! + Es segne dich JHWH - Keine auffallend frommen Grüße, sondern stereotypisierte Grußformeln, die noch heute in manchen semitischen Sprachen gebräuchlich sind; vergleichbar etwa dem Dt. „Gott zum Gruß“ - „Grüß Gott!“ (urspr. Bedeutung: „Gott segne dich“). Dass es sich hier „nur“ um stereotype Formeln handelt, sieht man z.B. auch daran, dass Syr frei mit einer weiteren, anderen gängigen Grußformel übersetzt („Friede sei mit euch“); auch Mischna Berakhot 9,5 leitet aus dieser Stelle ab, dass man „seinem Gefährten Frieden im Namen des Herrn wünschen sollte“, was sich ebenfalls auf eine andere heb. Grußformel bezieht: Schalom („Friede!“). VUL übrigens übersetzt: Dominus vobiscum, und auf diese Übersetzung geht der deutsche Gruß „Der Herr sei mit euch“ zurück, wie er noch heute z.B. in der katholischen Liturgie gebräuchlich ist - etwas unglücklich vielleicht, da, wie gesagt, in hebräischen Ohren dies „JHWH mit euch“ nicht viel frommer oder fremder klang als in deutschen Ohren ein „Grüß Gott“.
Man sollte hier aber dennoch nicht zu frei übersetzen: Das Rutbuch ist ein „Segensbuch“, in dem fortwährend gesegnet wird - s. eben hier; Rut 2,19.20; Rut 3,10; ähnlich auch die Segenswünsche in Rut 1,8f; Rut 2,12; Rut 4,11f - und auffallend in diesem Kontext ist, dass Boas gerade nicht sagt: „JHWH segne euch“, sondern „JHWH sei mit euch“: Das Wort „segnen“ ist im Rutbuch ausschließlich Rut (3,10) und Boas (2,4; 2,19f) vorbehalten; ähnlich, wie z.B. auch nur diese beiden als chajil bezeichnet werden - zumindest die Vokabel „segnen“ sollte in der Übersetzung also schon erkennbar sein. Zudem ist es „nicht müssig“ (Bertholet 1898, S. 60), dass von allen zur Verfügung stehenden Grußformeln gerade diese beiden verwendet werden: Auf diese Weise ist das erste und das letzte Wort dieses nur vier Wörter langen Dialogs „JHWH“, was die Erntegemeinschaft ganz deutlich als Gemeinschaft von JHWH-Verehrern charakterisiert. Auf ganz bescheidene Weise erfährt Rut mit ihrer Aufnahme in diese Erntegemeinschaft also schon hier eine Aufnahme in die „Gemeinde des Herrn“ (s. die Anmerkungen zu Rut 1).
Gut daher die Übersetzungsempfehlung von de Waard/Nida 1992, S. 27, beide Formeln zu belassen und mit einem „begrüßen“ einzuleiten: „Boas grüßte seine Arbeiter, indem er sagte: ‚JHWH sei mit euch!‘ - und die Arbeiter grüßten zurück: ‚JHWH segne dich!‘“ (ähnlich z.B. GN, H-R, HfA, NeÜ, NL, T4T). (Zurück zu v.4)
oJunge (Angestelltem) - W. „Junge“, doch bezeichnet das Wort hier wie oft recht sicher das Dienstverhältnis (für angestellte Feldarbeiter auch in Ijob 1,5). Ob es sich dabei um Knechte oder Lohnarbeiter handelt, ist zunächst nicht zu erschließen; aber da Boas zunächst auch Rut mit diesen „Jungen“ und „Mädchen“ in einen Topf zu werfen scheint, können wir mutmaßen, dass es sich bei dem „Jungen, der über die Schnitter gestellt war“, wohl um jemanden wie den „Verwalter“ in Mt 20,8; Lk 12,42 handelt und dass dieser in Abwesenheit seines Herrn weitere „Jungen“ und „Mädchen“ - nämlich Lohnarbeiter - einstellen konnte, die Boas daher auch nicht kennen musste. (Zurück zu v.5)
p[Zu] wem [gehört] - W. „Wem [ist] dieses Mädchen?“. Dass Rut sich hier über Ruts Verhältnis zu ihren Familienangehörigen nach ihrer Identität erkundigt (also nicht einfach fragt: „Wer ist das?“), ist ganz gewöhnlich (vgl. z.B. Lande 1949, S. 79: „Nicht in der Frage nach dem eigennamen dürfen wir daher die allgemeine Erkundigungsformel erblicken, sondern in der viel häufigeren nach der Familienzugehörigkeit.“); das kommunikativere Äquivalent dafür ist doch einfach „Wer ist das Mädchen da?“ (gegen de Waard/Nida 1992, S. 28; so auch BFC, GNB, GW, MSG, NIRV, NLT, Wycliffe). (Zurück zu v.5)
qZu aus {dem Gebiet} (von den Feldern von) Moab s. FN e zu Rut 1,1.6.22. (Zurück zu v.6)
rDie Antwort des Verwalters wird gerahmt von der Betonung des Moabitertums Ruts; in „Ein moabitisches Mädchen [ist] diese“ ist „moabitisches Mädchen“ zudem emphatisch vorangestellt. Es ist wohl auch wirklich relevant, denn Ruts Mobitertum beißt sich mit ihrer Bitte, Nachlese halten zu dürfen (s. Anmerkungen); weshalb der Verwalter es dann eben auch doppelt hervorhebt. (Zurück zu v.6)
sbei den Ährenbündeln (in Ährenbündeln, zu Ährenbündeln, {bei den Ährenbündeln}?, Halme?) - Zu bei den Ährenbündeln s. die Anmerkungen. Vielen Exegeten scheint es schwierig, daher wollen sie das Wort entweder mit Syr und VUL streichen oder von ba`amarim („bei den Ährenbündeln [sammeln]) nach ba`amirim („Halme [sammeln]) umpunktieren (=> Textkritik), was wohl unmöglich ist, da `amir ein Kollektivnomen ist und daher sehr wahrscheinlich nicht als Plural `amirim vorkommen kann, und da das Wort mit der Präposition b sehr unwahrscheinlich das Objekt von „sammeln“ sein kann. Neuere deuten daher lieber als „in Ährenbündeln sammeln“ oder „zu Ährenbündeln sammeln“ (so z.B. Bush 1996, S. 114; Holmstedt 2010, S. 116; Hubbard 1988, S. 107; Korpel 2001, S. 99), was grammatisch möglich, aber sprachlich sehr redundant formuliert wäre und unnötig ist. (Zurück zu v.7)
tDas Ende von V. 7 ist der schwierigste Satz im Rutbuch. Im Folgenden werden einige der besseren Lösungsvorschläge erklärt, doch keiner dieser Vorschläge ist ganz unproblematisch. In der LF wird daher nach SF-Kriterium 1a eine unauffällige, gut etablierte Übersetzung verwendet werden müssen; die Mischung aus am besten vertretbar und am etabliertesten ist: „Sie kam und ist dageblieben; von heute morgen bis gerade eben hat sie [nur] kurz Pause gemacht“ (so oder ähnlich , GN, H-R, HfA, LUT, MEN, NeÜ, NL, R-S, TAF, ZÜR).

Wörtlich übersetzt lautet der Text etwa: „Und-sie-ist-gekommen und-geblieben von dem-Morgen bis-jetzt/gerade eben, dieses/dieses ihr-Sitzen das-Haus kurz/seit-Kurzem.“

  1. geblieben - Heb. wata`amod. (a) Auf den ersten Blick scheint dies so gedeutet werden zu müssen, dass Rut nach ihrer Ankunft nur herumgestanden wäre: „Sie ist gekommen und gestanden“. (b) Weil die meisten davon ausgehen, dass die Auskunft des Verwalters ein Hohelied auf Ruts Fleiß beinhaltet, deuten viele das Wort als „bleiben“, was sprachlich gut möglich wäre („Sie ist gekommen und geblieben“), oder (noch häufiger) als „sie war auf den Beinen (d.h. sie war fleißig)“, was sprachlich nicht möglich ist. (c) Alternativ hat schon Houbigant 1777, S. 259 vorgeschlagen, wata`amod zu emendieren (=> Textkritik) nach wata`amor („sie las Ähren“; erwogen auch von Rudolph 1962, S. 46): „Sie ist gekommen und hat Ähren gelesen“. Doch ist das Wort sonst nicht belegt. (d) Vorschlagen möchte ich (S.W.) außerdem, dass es sich bei „sie kam und stand“ um eine ähnliche Doppelverb-formel handelt wie bei „sie ging und kam“ in V. 3 (vgl. FN j; zu solchen Doppelverbformeln vgl. z.B. Polak 1989) und bei dem ähnlichen Doppelausdruck „sie warf sich auf ihr Gesicht und verneigte sich“ in V. 10, und dass dieser dann verwendet wird, wenn vom Zurücklegen einer längeren Wegstrecke inklusive der Ankunft die Rede ist („X kam und stellte sich zu Y“ ≠ „X kam und positionierte sich bei Y“, sondern „X legte einen längeren Weg zu X zurück“, s. bes. 2 Kön 5,15.25; 8,9; 18,17; Jer 7,10; 17,19; Ez 9,2; Ez 10,6; Dan 2,2). Doch hat die Existenz dieser Formel bisher m.W. noch niemand vorgeschlagen.
  2. bis-jetzt/gerade eben, dieses/dieses - zéh („dieses/diese/jetzt/hier(her)) kann (a) zu `ad-atta („bis jetzt“) gezogen werden und `ad-atta zeh heißt dann „bis gerade eben“ (s. 1 Kön 17,24; 2 Kön 5,22), (b) zu „ihr Sitzen“ gezogen werden, was dann „dieses ihr Sitzen“ heißt oder (c) für sich genommen und dann auf Rut („diese“), den Zeitpunkt („jetzt“) oder den Ort („hier(her)) bezogen werden.
  3. ihr-Sitzen, heb. schibtah, ist ein Infinitiv und daher merkwürdig. Viele wollen deshalb emendieren (=> Textkritik): Entweder (a) soll dann umvokalisiert werden zu schabthah („sie macht(e) Pause“; so LXX) oder (b) es soll nach schabah („sie kehrt(e) zurück“; so VUL) korrigiert werden. (c) Premnath 1988, S. 55f denkt außerdem, jaschab könnte auch für das Besitzen von Land stehen; dem folgend könnte man schibtah deuten als „ihr Besitz“ - aber eigentlich hat das Hebräische hierfür andere Vokabeln.
  4. das-Haus ist problematisch: Bei den Feldern standen keine Häuser und „Zelt“ oder „Hütte“ kann bajit nicht heißen. (a) Sehr viele wollen daher das ganze Wort streichen (z.B. Bush 1996, Gerleman 1965; Köhlmoos 2010; Rudolph 1962; Würthwein 1969; Zenger 1986). (b) BHQ und Weippert 1978, S. 272 haben außerdem erwogen, ob bajit nicht wie seine akkadischen und arabischen Kognate „Grundstück, Feld“ heißen könne. Im Mischnahebräischen ist das recht sicher so: Vogelstein 1894 listet eine ganze Reihe von Feldbezeichnungen, in denen bajit „Feld“ bedeutet (s. S. 10.13.16.23.59) und der Besitzer des Feldes heißt in Mischna und Tosefta fast stets ba`al habajit („Herr des Hauses“). S. dann noch Jes 5,7-9 (dazu Premnath 1988, bes. S. 54f) und Jer 31,27, wo dann vielleicht mit dieser Doppelbedeutung gespielt wird, auch Jer 32,15; Mi 2,2; Neh 5,3.11.13. (c) Eine weitere Gruppe deutet habajit als adverbialen Akkusativ mit der Bedeutung „im Haus“ oder „zu/nach Hause“.

Basierend auf diesen Optionen lassen sich aus dem Text folgene Situationen rekonstruieren:

  • Am häufigsten vertreten: Rut kam auf Boas Feld an, begann auf die vorläufige Erlaubnis des Verwalters mit ihrer Nachlese und war dann so fleißig, dass der Aufseher Boas berichten kann:
    • Sie kam und blieb (1b). Hier (2c) [war] ihr Sitzen (=ihr Aufenthaltsort), das Haus (=Noomis Haus in der Stadt) [dagegen nur] wenig. (ein Lob auf ihren Fleiß; so Moore 1997 nach Lys 1971; ähnlich Loader 1992: Dies ist ihr Aufenthaltsort; sozusagen ihr Heim.; ähnlich auch Hubbard 1988, S. 151) - Dieser Vorschlag kommt bisher als einziger mit dem hebräischen Text zurecht, wie er vorliegt (abgesehen von der Akzentuation), ist aber so elliptisch, dass er bisher nur wenig Anerkennung gefunden hat.
    • ähnlich: [...]. Ihr zuhause-Sitzen weilt [nur] kurz. (=das ist eine, die nur wenig zuhause herumsitzt - so schon LUT, van Ess; Hajek 1962, S. 51; Korpel 2001, S. 92. So sogar schon um 1200 Jesaja Di Trani; vgl. Zakovitch 1999, S. 113) - doch ist die Deutung von „Ihr Sitzen zuhause [ist] kurz“ als generelle Aussage über Ruts Fleiß doch recht gezwungen.
    • Weil Rut als Leserin so unerfahren ist, hat sie trotz ihres Fleißes nur wenig Ertrag zusammengebracht: Sie kam und war seit heute Morgen auf den Beinen (1b), und bis gerade eben (2a), wo sie sich zu Hause (4c) wieder setzen will (=wo sie wieder nach Hause zurückkehren will), [ist es (=das, was sie gesammelt hat)] [nur] wenig. (Barthélemy 1982, S. 132; Zimolong 1940; nun auch BHQ) - Aber das ist unlogisch. Der folgede Text zeigt ja, dass noch mindestens ein Essen und eine weitere „Lese-Einheit“ folgt. Warum sollte dann Rut nach Hause zurückkehren wollen, wo es doch gerade so wenig ist, was sie gesammelt hat? Außerdem kann „sie stand“ nicht „sie war auf den Beinen“ heißen, und es ist schwer glaublich, dass gerade „es“ - das, was sie gesammelt hat - ausgespart sein sollte, wo es doch das Thema der Aussage ist.
  • Rut ist bei Boas Feld angekommen, doch der Verwalter hat ihr die Erlaubnis zur Nachlese nicht erteilt: Sie kam und stand (1a) von heute Morgen bis gerade eben [...] (so z.B. Campbell 1975, S. 94f.; ähnlich Sasson 1979, S. 47.56; Hubbard 1988, S. 154.176) - Doch in dem Fall wäre gerade das problematische „ihr Sitzen das Haus wenig“ unmotiviert.
  • Rut war den ganzen Vormittag von Feld zu Feld unterwegs, ist aber überall abgewiesen worden. Nun ist sie bei Boas Feld angekommen und hat sich erschöpft niedergelassen: Sie war von heute Morgen bis jetzt hierher (2c) unterwegs (1d); ihr Sitzen das Haus/auf dem Feld (4a/4b) [ist (=währt)] [erst] seit Kurzem (d.h., sie ist gerade erst angekommen). - doch ist die Existenz der Formel „sie kam und stand“ als „sie war unterwegs“ m.W. von niemandem vorgeschlagen worden und die Streichung von habajit doch ein recht krasser Eingriff in den Text / die Deutung von bajit als „Feld“ nicht allgemein anerkannt. Mir (S.W.) ist diese Deutung dennoch recht sympathisch, weil dann Boas Reaktion in V. 8 so gut motiviert wäre: „Du musst nicht zum Lesen auf ein anderes Feld gehen; von hier musst du nicht fort, sondern du darfst hier bleiben, bei meinen Mädchen.“
  • Sie kam und blieb (1b) von heute Morgen bis gerade eben. Ihr Besitz (3c) an Land (4b; eine Constructus-Verbindung mit zwischengeschaltetem Possessivpronomen, vgl. IBHS §9.3.d.14; zum Infinitiv im Status Constructus vgl. JM §49b, FN 6) [ist] [nur] gering., eine Rechtfertigung des Verwalters dafür, dass er Rut die Nachlese gewährt hat; denn zur Nachlese waren nur arme Bürger mit nur wenig oder gar keinem Landbesitz zugelassen. Doch weder die Deutung von bajit als „Land“ noch von jaschab als „besitzen“ ist allgemein anerkannt. (zu v.7)
uHöre, meine Tochter: (V. 8) + Hiermit befehle ich meinen Jungen... (V. 9) - W. „Hörst du nicht, meine Tochter!?,...“ + „Habe ich nicht meinen Jungen befohlen...?“, doch rhetorische Fragen werden im Hebräischen auch häufig als Ausrufesätze verwendet (vgl. z.B. Driver 1973). So auch viele Üss, auch Campbell 1975, S. 85f.; Holmstedt 2010, S. 118; Hubbard 1988, S. 154; Köhlmoos 2010, S. 30; Loretz 1963, S. 50; Sasson 1979, S. 49. Eine Übersetzung mit „Lass mich dir einen Rat geben: ...“ (so z.B. de Waard/Nida 1992, S. 26; GN, HfA) ist nicht zu empfehlen: Erstens ist der Aufruf zum Zuhören im Hebräischen eine stereotype Formel, um ein Gespräch oder im Verlauf dieses Gesprächs eine Instruktion einzuleiten (s. z.B. Gen 23,6.8.11.15; schön auch 2 Sam 20,17); zweitens trifft dies hier eher nicht den Sinn von Boas Äußerung, die doch wohl kein Verbot ist, auf ein anderes Feld zu gehen, sondern eine Erlaubnis, hierbleiben zu dürfen (s. die Übersetzungsalternativen). Besser: „Hör mal, meine Tochter:...“ (Zurück zu v.8 / zu v.9)
vAuffallender Stilbruch: Boas sagt hier gleich drei Mal das selbe; ein starker Kontrast zu seinen beiden Zwei-Wort-Sätzen in Vv. 4.5.
Erwähnenswert ist noch ein neuer Interpretationsvorschlag von Müller 2013: „weggehen“ steht mit der Negationspartikel ´al, „fortziehen“ dagegen mit der Negationspartikel lo´. Weil solche Verneinungen mit ´al häufig entweder für Verbote oder für zeitlose moralische Prinzipien verwendet werden (s. FN ba zu Ob 12-14), folgt Müller Syr und fasst den ersten Satz als ein Sprichwort auf: „Hast du nicht [das Sprichwort] gehört: ‚Man gehet nicht auf eines Andren Felde sammeln‘? - Demnach willst [wohl] auch nicht von hier fortziehen, [oder]? [Na gut,] dann hänge dich hier an meine Mädchen!“
Das ist eine schöne Interpretation, aber unnötig: ´al und lo´ werden noch häufiger derart austauschbar nebeneinander verwendet (s. z.B. Ex 23,1; Lev 10,6; 11,43; 1 Kön 20,8; Spr 22,24). (Zurück zu v.8)
wdas sie abernten - „sie“: maskulin, also die männlichen Erntearbeiter. (Zurück zu v.9)
xihnen: feminin. Entweder also die weiblichen Ährenbündel-binderinnen, dann „folge ihnen“, oder die anderen Frauen, die Nachlese halten; dann „gehe an ihrer Seite“ (zu ´achar als „(zusammen) mit“ s. FN aq zu Rut 1,15). Aber der letzte weibliche Referent sind „meine Mädchen“, daher ist die erste Option doch sehr viel wahrscheinlicher. (Zurück zu v.9)
ywarf sie sich auf ihr Gesicht und neigte sich erdenwärts - eine weitere gebräuchliche Doppelverbformel (s. FNn j. t; zu dieser speziell vgl. Polak 1989, S. 451. Zur Wiedergabe mit „sie warf sich auf ihr Gesicht“ statt „sie fiel...“ vgl. Péter-Contesse 2013, S. 25); ebenso gedoppelt z.B. in Jos 5,14; 1 Sam 25,23; 2 Sam 9,6; 14,22; 2 Chr 20,18; ähnlich 1 Sam 20,41; 2 Sam 14,4. Die Bedeutung ist nur: „Sie verneigte sich“; eine Geste, aus der gleichzeitig Demut und überwältigte Dankbarkeit spricht. Den Verneigungsgestus hat man sich in etwa vorzustellen wie die im Islam übliche Gebetshaltung: Man kniete sich nieder und beugte seinen Kopf zur Erde hinab (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 31). Richtig daher MSG: „Sie sank auf ihre Knie und beugte ihr Gesicht zur Erde“ (ähnlich , T4T), doch stiltreuer wäre einfach „Da warf Ruth sich vor ihm nieder“ (ähnlich z.B. GN, HfA, NeÜ, NL). Am besten NLT: „Da warf sich Ruth ihm zu Füßen nieder und dankte ihm herzlich [besser: rief überwältigt:]“. (Zurück zu v.10)
zGefallen in deinen Augen gefunden ≠ „Wie habe ich das verdient“, sondern „Wie kann das sein, dass du wohlgefällig auf mich blickst - obwohl ich doch Ausländerin bin?“; der letzte Satz ist klar der Gegensatz zu den ersten beiden. Das wird noch zusätzlich betont durch ein unübersetzbares Wortspiel: „... dass du wohlgefällig auf mich blickst und mich beachtest (lähakireni, von nakar „beachten“), obwohl ich doch Ausländerin (nokrijah) bin?“ (Zurück zu v.10)
aa{und sagte zu} - Doppelte Redeeinleitung finden sich sehr häufig im Hebräischen und sind dort ganz gewöhnlich. (Zurück zu v.11)
abBerichtet {berichtet} - Ein sog. „tautologischer Infinitiv“: Ein Verb wird doppelt verwendet; einmal im Infinitiv und einmal als finites Verb. Nicht: „Mir wurde genau berichtet“ (so viele Üss.); die Funktion dieser Konstruktion ist es, den Modus der gesamten Aussage zu betonen (vgl. Jenni §10.3.1.1); hier soll also betont werden, dass Boas in der Tat von Ruts Handeln berichtet wurde (vgl. IBHS § 35.3.1b), da dieser Bericht von Ruts Handeln für Boas das Gegengewicht zu ihrem Ausländertum darstellt und schwerer wiegt als dieses. Also: „Ich versichere dir: Mir wurde berichtet“, d.h. in idiomatischerem Deutsch: „Weil mir [ja/doch/...] berichtet wurde,...“ (ebenso Jos 9,24). (Zurück zu v.11)
acwas du für deine Schwiegermutter nach dem Tod deines Mannes getan hast - Ein „Segens-Update“: Noomi wünscht ihren Töchtern den Segen Gottes für alles, was sie ihr und ihren Ehemännern getan haben (Rut 1,8); Boas nun wünscht Rut Gottes Segen für alles, was sie in der Zwischenzeit, nämlich nach dem Tod ihres Mannes für ihre Schwiegermutter getan hat. (Zurück zu v.11)
advorher (gestern vorgestern) - W. „gestern vorgestern“; ein Idiom für „vorher, früher“. (Zurück zu v.11)
aeunter seinen Flügeln (unter seinem Mantelsaum) - zur Vorstellung des beflügelten JHWH s. noch Ps 17,8; 36,8; 57,2; 61,5; 63,8; 91,4 - eine geläufige Metapher für JHWH als schützende Gottheit; vergleichbar dem Bild der Schutzmantelmadonna. S. dazu noch die Anmerkungen. (Zurück zu v.12)