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− | {{S|6}} Und sie begann, zurückzukehren<ref>'''tFN''': ''begann, zurückzukehren'' - W. „Da stand sie auf, sie und ihre Schwiegertöchter, um zurückzukehren...“; ein solches vorgeschaltetes „aufstehen“ hat aber häufig nur die Bedeutung „mit etwas beginnen“ (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 9; Dobbs-Allsopp 1995, S. 47). Übersetze besser: „Und sie machte sich auf den Rückweg“.</ref> - sie und ihre Schwiegertöchter<ref>''sie und ihre Schwiegertöchter'' - die selbe Konstruktion wie in [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_1#note_h FN h] beschrieben; normalerweise würde man auch hier übersetzen: „Da machten sie und ihre Schwiegertöchter sich auf den Rückweg“. In unserem Falle spielt es aber zusammen mit den obigen Versen: Nach Noomis Verlust von Ehemann und Söhnen eröffnet der zweite Erzählabschnitt von Kap. 1 mit der neuen Personenkonstellation ''Noomi'' + ''Rut und Orpa''; beinahe wie ein „Neue Runde, neues Glück!“: Ihre ersten drei Begleiter hat Noomi verloren - was wird mit den beiden neuen Begleiterinnen geschehen?</ref> - aus {dem Gebiet von} (von den Feldern von)<ref name="Feld" /> Moab, weil sie in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)<ref name="Feld" /> Moab gehört hatte<ref>'''tFN''': ''gehört hatte'' - Nach sog. „gespaltenen Koordinationen“ wie ''sie - sie und ihre Schwiegertöchter'' wird im Heb. meist mit Pluralverben angeschlossen (hier also: „sie hatte''n'' gehört“); hier aber steht ein Sg.-verb. Diese Konstruktion mit Sg. findet sich noch häufiger (vgl. z.B. Revell 1993, S. 76f.) und soll das Singularsubjekt (hier also Noomi) statt beiden koordinierten Subjekten ins Zentrum der Leseraufmerksamkeit stellen: Handelnde ist hier zuvorderst Noomi; erst ab V. 8 treten auch die beiden Schwiegertöchter als handelnde Subjekte in Aktion (ähnlich Campbell 1975, S. 63).</ref>, dass JHWH sein Volk besucht hatte<ref>''besucht'' - Heb. Idiom für „sich um etwas kümmern“ (so z.B. Loretz 1963, S. 44). Gut daher | + | {{S|6}} Und sie begann, zurückzukehren<ref>'''tFN''': ''begann, zurückzukehren'' - W. „Da stand sie auf, sie und ihre Schwiegertöchter, um zurückzukehren...“; ein solches vorgeschaltetes „aufstehen“ hat aber häufig nur die Bedeutung „mit etwas beginnen“ (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 9; Dobbs-Allsopp 1995, S. 47). Übersetze besser: „Und sie machte sich auf den Rückweg“.</ref> - sie und ihre Schwiegertöchter<ref>''sie und ihre Schwiegertöchter'' - die selbe Konstruktion wie in [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Rut_1#note_h FN h] beschrieben; normalerweise würde man auch hier übersetzen: „Da machten sie und ihre Schwiegertöchter sich auf den Rückweg“. In unserem Falle spielt es aber zusammen mit den obigen Versen: Nach Noomis Verlust von Ehemann und Söhnen eröffnet der zweite Erzählabschnitt von Kap. 1 mit der neuen Personenkonstellation ''Noomi'' + ''Rut und Orpa''; beinahe wie ein „Neue Runde, neues Glück!“: Ihre ersten drei Begleiter hat Noomi verloren - was wird mit den beiden neuen Begleiterinnen geschehen?</ref> - aus {dem Gebiet von} (von den Feldern von)<ref name="Feld" /> Moab, weil sie in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)<ref name="Feld" /> Moab gehört hatte<ref>'''tFN''': ''gehört hatte'' - Nach sog. „gespaltenen Koordinationen“ wie ''sie - sie und ihre Schwiegertöchter'' wird im Heb. meist mit Pluralverben angeschlossen (hier also: „sie hatte''n'' gehört“); hier aber steht ein Sg.-verb. Diese Konstruktion mit Sg. findet sich noch häufiger (vgl. z.B. Revell 1993, S. 76f.) und soll das Singularsubjekt (hier also Noomi) statt beiden koordinierten Subjekten ins Zentrum der Leseraufmerksamkeit stellen: Handelnde ist hier zuvorderst Noomi; erst ab V. 8 treten auch die beiden Schwiegertöchter als handelnde Subjekte in Aktion (ähnlich Campbell 1975, S. 63).</ref>, dass JHWH sein Volk besucht hatte<ref>''besucht'' - Heb. Idiom für „sich um etwas kümmern“ (so z.B. Loretz 1963, S. 44). Gut daher EEB, EVD, GN, T4T: „dass er seinem Volk geholfen hatte“; HfA: „dass er sich über sein Volk erbarmt hatte“; NL: „dass er sich seinem Volk wieder gnädig zugewandt hatte“. „Sein Volk“ = Israel; übersetze daher vielleicht: „dass er seinem Volk Israel geholfen hatte und...“</ref>, indem er ihm Brot<ref>''ihm Brot'' - Klangspiel: ''lahem lachem''. „Brot“ steht im Heb. fast stets pars pro toto für Nahrung im Allgemeinen (vgl. z.B. de Waard/Nida 1992, S. 9; Zakovitch 1999, S. 83); übersetze daher besser „Nahrung“.</ref> gegeben hatte. |
{{S|7}} Und sie verließ den Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter [waren] bei ihr (standen unter ihrer Aufsicht?<ref>''standen unter ihrer Aufsicht'' - so kürzlich Schipper 2013. Doch das ist wahrscheinlich falsch; Schwiegertöchter waren im hebräischen Haushalt zwar hierarchisch ihren Schwiegermüttern untergeordnet, doch hatten diese keine Autorität über sie (um mit Exum 1997 zu sprechen: Ganz allgemein hatten Frauen im Alten Israel zwar - im familiären Rahmen des Haushalts - „Macht“, aber keine „Autorität“ (vgl. S. 136f)).<br />Vielleicht auch: ''wo sie gewesen war, und [wo auch] ihre beiden Schwiegertöchter bei ihr [gewesen waren].</ref>).<br /> | {{S|7}} Und sie verließ den Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter [waren] bei ihr (standen unter ihrer Aufsicht?<ref>''standen unter ihrer Aufsicht'' - so kürzlich Schipper 2013. Doch das ist wahrscheinlich falsch; Schwiegertöchter waren im hebräischen Haushalt zwar hierarchisch ihren Schwiegermüttern untergeordnet, doch hatten diese keine Autorität über sie (um mit Exum 1997 zu sprechen: Ganz allgemein hatten Frauen im Alten Israel zwar - im familiären Rahmen des Haushalts - „Macht“, aber keine „Autorität“ (vgl. S. 136f)).<br />Vielleicht auch: ''wo sie gewesen war, und [wo auch] ihre beiden Schwiegertöchter bei ihr [gewesen waren].</ref>).<br /> | ||
Und sie gingen auf dem Weg (zogen des Weges), um in das Land Juda zurückzukehren.<ref>'''Anm. d. Üs.''' (S.W.): Die Formulierung der Vv. 6f ist interessant: Drei Sätze folgen aufeinander, die mehr oder weniger das selbe besagen: | Und sie gingen auf dem Weg (zogen des Weges), um in das Land Juda zurückzukehren.<ref>'''Anm. d. Üs.''' (S.W.): Die Formulierung der Vv. 6f ist interessant: Drei Sätze folgen aufeinander, die mehr oder weniger das selbe besagen: |
Version vom 16. Januar 2015, 19:57 Uhr
Syntax ungeprüft
Lesefassung (Rut 1)
(kommt später)Studienfassung (Rut 1)
1 Zur Zeit (in den Tagen) des Richtens der Richter〈a〉 war (herrschte) eine Hungersnot im Land〈b〉 (kam eine Hungersnot über das Land). Da verließ〈c〉 ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)〈d〉, um sich in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)〈e〉 Moab〈f〉 niederzulassen〈g〉 - er, seine Frau und seine beiden Söhne〈h〉.
2 Der Name des Mannes [war] Elimelech (mein Gott ist König) und der Name seiner Frau [war] Noomi (lieblich) und die Namen seiner beiden Söhne [waren]〈i〉 Machlon (krank?)〈j〉 und Kiljon (schwindend?)〈j〉. [Sie waren] Efratiter〈k〉 aus Betlehem in Juda. Und so kamen sie {in das Gebiet von} [nach] (zu den Feldern von) Moab und blieben dort.
3 Da starb〈l〉 Elimelech, der Mann Noomis, und sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne〈h〉.
4 Sie nahmen sich moabitische Frauen (Sie gingen Mischehen mit moabitischen Frauen ein?)〈m〉. Der Name der einen [war] Orpa (Nacken?, Wolke?)〈j〉 und der Name der anderen [war] Rut (Freundin?, Sättigung?)〈j〉.〈n〉 Sie wohnten etwa zehn Jahre dort.
5 Da starben〈l〉 auch diese beiden - Machlon und Kiljon -, und sie hinterblieb: die Frau, ohne ihre beiden Kinder〈o〉 und ohne ihren Mann〈h〉.
6 Und sie begann, zurückzukehren〈p〉 - sie und ihre Schwiegertöchter〈q〉 - aus {dem Gebiet von} (von den Feldern von)〈e〉 Moab, weil sie in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)〈e〉 Moab gehört hatte〈r〉, dass JHWH sein Volk besucht hatte〈s〉, indem er ihm Brot〈t〉 gegeben hatte.
7 Und sie verließ den Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter [waren] bei ihr (standen unter ihrer Aufsicht?〈u〉).
Und sie gingen auf dem Weg (zogen des Weges), um in das Land Juda zurückzukehren.〈v〉
Anmerkungen
a | des Richtens der Richter - Die Begriffe „Richter“ und „Richten“ dürften in der LF missverständlich sein, da es sich bei den biblischen Richtern natürlich nicht um Richter im heutigen Sinn des dt. Wortes handelte, sondern um eine Art Stammesführer. Sinnvoll daher Holmstedt 2010: „Als noch die Häuptlinge regierten,...“; eleganter sicher die Paraphrase von de Waard/Nida 1992, S. 5 und T4T: „Als Israel noch keine Könige hatte...“. (Zurück zu v.1) |
b | im Land - d.h. in Israel. Übersetze daher vielleicht besser: „...herrschte ein Hungersnot in Israel“ (de Waard/Nida 1992, S. 6). (Zurück zu v.1) |
c | Zur Zeit des Richtens ... herrschte ... . Da verließ - Oder: Zur Zeit des Richtens der Richter, als eine Hungersnot im Land herrschte, verließ... (vgl. syntaktisch ähnlich Ex 12,41; dazu z.B. Nic §30). tFN: W.: „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter. Und es war eine Hungersnot im Land. Und es verließ...“ - Sowohl die Zeitangabe „in den Tagen des Richtens der Richter“ als auch die Information über die Hungersnot wird eingeleitet durch das Verb wajähi („und es war“). Eine solche Doppelung von wajähi findet sich zwar sehr selten in der Bibel, ist aber unproblematisch: Das erste wajähi ist zusammen mit bime („in den Tagen von“) eine stehende Wendung für die Einführung einer neuen Erzählzeit, entsprechend einfach dem dt. „zur Zeit von...“ (vgl. z.B. Holmstedt 2010, S. 52). Und das zweite wajähi ist entweder ebenso aufzufassen (und dann nach der Auflösung in der FN zu deuten) oder ist ein Kopulaverb im Hauptsatz „[Zur Zeit des Richtens der Richter] war (=herrschte) eine Hungersnot im Land.“ (vgl. z.B. Harmelink 2011, S. 212; so die meisten Üss.) und dann aufzulösen wie in der Primärübersetzung. (Zurück zu v.1) |
d | verließ ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf) - Beide Auflösungen sind gleichermaßen möglich. Nach der primären Auflösung würde die Reise näher beschrieben („Ein Mann ging fort, und zwar ging er fort aus Betlehem in Juda“); nach der alternativen Auflösung der Mann („ein Mann ging fort, und zwar ein aus Betlehem in Juda stammender Mann“). Da die Information, die die Alternativauflösung bieten würde, aber ja in V. 2 geliefert wird, sollte man besser nach der primären Auflösung deuten. (Zurück zu v.1) |
e | in { Fischer 2001, S. 124 dagegen deutet den Begriff als sprechenden Begriff: Elimelech und seine Familie verlassen Betlehem ob einer Hungersnot und emigrieren daher zu den [Getreide-]Feldern Moabs. Diese Deutung basiert allerdings auf einer Analyse von ßäde als Plural. Das Wort lässt sich im MT aber auch als Sg. analysieren, und weil einige Mss. - darunter auch ein Ms. aus Qumran, das älter ist als der MT - das Wort in einer Wortform bieten, die unmissverständlich Sg. ist und weil weiterhin auch die Versionen ganz einheitlich mit Sg. übersetzen, ist auch im MT die Analyse des Wortes als Sg. deutlich vorzuziehen. (Zurück zu v.1 / zu v.6) |
f | Moab - östlicher Nachbarstaat Israels (für näheres s. Moab / Moabiter (wibilex)). Wegen verschiedener kriegerischer Konflikte ist Moab im AT meist negativ belegt; auch im Richterbuch (s. Ri 3,12-30). Dass Elimelech und seine Familie dennoch bereit sind, gerade nach Moab überzusiedeln, zeigt, wie schwer die Hungersnot war. Dabei ist Moab nicht einmal eine naheliegende Wahl: Im Gegensatz zum klassischen Emigrationsland Ägypten unterliegt Moab in etwa den selben klimatischen Bedingungen wie Israel, und obwohl es wegen der gebirgigen Lage Moabs theoretisch möglich ist, dass wegen der dortigen höheren Niederschlagsmenge Israel unter einer kurzen Hungersnot leidet, Moab aber nicht, ist es ganz unmöglich, dass Moab nicht von den klimatischen Verhältnissen betroffen wäre, die in Israel eine Hungersnot von zehn Jahren verursachen. (Zurück zu v.1) |
g | niederzulassen - Heb. gur bedeutet nicht einfach „wohnen“, sondern bezeichnet das dauerhafte Siedeln von zugereisten Ausländern. Elimelech will also wohl nicht nur für die Dauer der Hungersnot in Moab ausharren, sondern tatsächlich von Israel nach Moab emigrieren. Ein ger (etwa: „Zugereister“) hat in der Bibel häufig einen schweren Schicksalsschlag hinter sich (wegen dem er überhaupt erst ausgereist ist), ist in der Regel arm und hat rechtlich nicht den selben Status wie ein Einheimischer (so z.B. auch Würthwein 1969, S. 10). Elimelech und seine Familie werden also schon durch die Verwendung dieses Wortes in eine sozial sehr tief stehende Schicht eingeordnet. (Zurück zu v.1) |
h | ein Mann ... - er, seine Frau und seine beiden Söhne (V. 1) + sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne (V. 3) + sie hinterblieb, die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann - Wenn im Hebräischen eine Sache von mehreren Subjekten ausgesagt werden soll, kann sie auch nur von einem Subjekt ausgesagt werden, das dann nach dieser Aussage mit einem (Pro-)Nomen noch einmal aufgegriffen und um die weiteren Subjekte erweitert wird („gespaltene Koordination“; vgl. z.B. JM §146c2; ad loc. Holmstedt 2010, S. 57f). Normalerweise sollte man im Dt. daher Vv. 1.3 besser übersetzen: „ein Mann, seine Frau und seine beiden Söhne verließen...“ (V. 1) resp. „sie und ihre beiden Söhne hinterblieben“ (V. 3). Hier aber ist diese Konstruktion bewusst gewählt; der Abschnitt funktioniert ein wenig wie das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ und bringt schon auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie nach und nach die Familie zusammenschmilzt (so gut Zenger 1986, S.d 32), bis sämtliche männliche Angehörige ausgetilgt sind - die größte vorstellbare Katastrophe für eine altisraelitische Familie:
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i | tFN: die Namen seiner beiden Söhne [waren] - W. „der Name seiner beiden Söhne [war]“, aber s. JM §136l: „[... Das Hebräische hat] die Tendenz, in Fällen, in denen etwas in ähnlicher Weise für mehrere Individuen gilt, Singular statt Plural zu setzen [...].“ Übersetze daher wie angegeben. (Zurück zu v.2) |
j | Machlon (krank?) + Kiljon (schwindend?) (V. 2) + Orpa (Nacken?, Wolke?) + Rut (Sättigung?, Freundin?) (V. 4) - Namen sind in der Bibel oft sog. „descriptive names“, d.h. sie sind sprechende Namen, die eine Bedeutung in der Erzählung haben. Weil Noomi in V. 21 selbst mit ihrem Namen spielt (der also klar ein solcher „descriptive name“ ist) und auch der Name von „Herr Irgendwer“ in Kap. 4 klar ein sprechender Name ist, gehen viele davon aus, dass auch obige vier Namen solche descriptive names sein müssten. Ihre Bedeutungen sind aber unklar:
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k | Efratiter - Bedeutung unklar; vermutlich handelt es sich (1) entweder um eine Sippe, die v.a. in der Gegend in und um Betlehem siedelte, oder (2) Efrata ist eine Region, in der u.a. auch Betlehem lag, oder (3) eine alternative Bezeichnung für Betlehem selbst. Dass die Bedeutung unklar ist, ist aber nicht sehr problematisch, da der Begriff hier ohnehin mehr einem Wortspiel als der Information dient: Sowohl „Efratiter“ als auch „Betlehem“ sind sprechende Namen: „Efrata“ ist das „fruchtbare Land“ (Meister 1991, S 115) und „Betlehem“ bedeutet bekanntlich „Haus des Brotes“, „Brothausen“ (schon Luther 1535, S. 193b: „Denn Bethlehem heisst ein brod haus / und Ephrata fruchtbar / das ein fruchtbar land und gute narung darinnen gewesen ist.“). In den Ohren hebräischer Hörer musste der Satz also klingen wie „[Wegen einer Hungersnot] emigrierten sie nach Moab - obwohl sie Brothäusener aus der Fruchtgegend waren! - und blieben dort.“ (Zurück zu v.2) |
l | starb (V. 3) + starben (V. 5) - In der alten jüd. Exegese ist öfter der Tod Elimelechs, Machlons und Kiljons als die Strafe Gottes für ihre Sünden gedeutet worden: Elimelech wird für seine Emigration bestraft, Machlon und Kiljon für ihr Fernbleiben von Israel und ihre Mischehen. In der neueren Exegese findet sich diese Deutung nur noch selten (z.B. bei Berman 2007, S. 27-29), aber es ist doch auffällig, dass die beiden Auskünfte über das Sterben der Familienmitglieder jeweils direkt auf die Auskunft über das „Bleiben“ in Moab folgt und dass nur die ersten fünf Verse, die in Moab spielen, eine Unheilsgeschichte schildern, dagegen von V. 6 an mit Noomis Entscheidung, nach Israel zurückzukehren, eine Heilsgeschichte erzählt wird. Auf jeden Fall sollte, wenn möglich, so übersetzt werden, dass diese Bedeutungsnuance auch in der Übersetzung mitgehört werden kann - ein Leser zur mutmaßlichen Abfassungszeit jedenfalls hätte sie vermutlich mindestens mitgehört. (Zurück zu v.3 / zu v.5) |
m | nahmen (gingen Mischehen ein) - ungewöhnlicher Begriff im Heb.: „Heiraten“ heißt dort gewöhnlich laqach ischah; hier aber - wie nur noch 2Chr 11,21; 13,21; Esr 9,2.12; Neh 13,25 - naßah ischah. Fischer 2001, S. 127 macht darauf aufmerksam, dass die drei letzten Stellen ebenfalls von Mischehen von Judäern mit Moabiterinnen handeln; es könnte sich hier also um einen terminus technicus handeln. An diesen drei Stellen werden die Mischehen auch jeweils als Missetat dargestellt, da Mischehen gerade mit Moabiterinnen nach Dtn 23,4 verboten war - unabhängig von der Vokabel haben wir es hier also dem ersten von vielen Rechtsbrüchen und -beugungen im Rutbuch zu tun. TgRut z.B. paraphrasiert deshalb auch hier: „Sie übertraten das Gebot des Herrn und nahmen sich ausländische Frauen von den Töchtern Moabs“. (Zurück zu v.4) |
n | Orpa und Rut - Chiasmus: V. 2: „Machlon und Kiljon“, V. 4: „Orpa und Rut“; dabei ist Orpa die Frau von Kiljon und Rut die von Machlon (s. Rut 4,10). Eine solche chiastische Anordnung von Namen ist ein häufigeres Stilmittel im Hebräischen (vgl. Campbell 1975, S. 151) und kann in der dt. Üs. ohne Bedeutungsverlust übergangen werden. (Zurück zu v.4) |
o | Kinder - Machlon und Kiljon werden hier - im Gegensatz zum vorherigen „Söhne“ - mit jeled („Kind“) bezeichnet, das sonst nie für Erwachsene verwendet wird. Vermutlich soll diese Wortwahl das Unglück der Frau unterstreichen, die nun nach ihrem Mann auch noch ihre beiden Kinder zu Grabe tragen muss (so auch Zakovitch 1999, S. 82). Zudem wird so bereits vorverweisen auf Rut 4,16, wo Ruts „Kind“ Obed als Naomis Ersatz für ihre beiden gestorbenen „Kinder“ dargestellt wird. (Zurück zu v.5) |
p | tFN: begann, zurückzukehren - W. „Da stand sie auf, sie und ihre Schwiegertöchter, um zurückzukehren...“; ein solches vorgeschaltetes „aufstehen“ hat aber häufig nur die Bedeutung „mit etwas beginnen“ (vgl. de Waard/Nida 1992, S. 9; Dobbs-Allsopp 1995, S. 47). Übersetze besser: „Und sie machte sich auf den Rückweg“. (Zurück zu v.6) |
q | sie und ihre Schwiegertöchter - die selbe Konstruktion wie in FN h beschrieben; normalerweise würde man auch hier übersetzen: „Da machten sie und ihre Schwiegertöchter sich auf den Rückweg“. In unserem Falle spielt es aber zusammen mit den obigen Versen: Nach Noomis Verlust von Ehemann und Söhnen eröffnet der zweite Erzählabschnitt von Kap. 1 mit der neuen Personenkonstellation Noomi + Rut und Orpa; beinahe wie ein „Neue Runde, neues Glück!“: Ihre ersten drei Begleiter hat Noomi verloren - was wird mit den beiden neuen Begleiterinnen geschehen? (Zurück zu v.6) |
r | tFN: gehört hatte - Nach sog. „gespaltenen Koordinationen“ wie sie - sie und ihre Schwiegertöchter wird im Heb. meist mit Pluralverben angeschlossen (hier also: „sie hatten gehört“); hier aber steht ein Sg.-verb. Diese Konstruktion mit Sg. findet sich noch häufiger (vgl. z.B. Revell 1993, S. 76f.) und soll das Singularsubjekt (hier also Noomi) statt beiden koordinierten Subjekten ins Zentrum der Leseraufmerksamkeit stellen: Handelnde ist hier zuvorderst Noomi; erst ab V. 8 treten auch die beiden Schwiegertöchter als handelnde Subjekte in Aktion (ähnlich Campbell 1975, S. 63). (Zurück zu v.6) |
s | besucht - Heb. Idiom für „sich um etwas kümmern“ (so z.B. Loretz 1963, S. 44). Gut daher EEB, EVD, GN, T4T: „dass er seinem Volk geholfen hatte“; HfA: „dass er sich über sein Volk erbarmt hatte“; NL: „dass er sich seinem Volk wieder gnädig zugewandt hatte“. „Sein Volk“ = Israel; übersetze daher vielleicht: „dass er seinem Volk Israel geholfen hatte und...“ (Zurück zu v.6) |
t | ihm Brot - Klangspiel: lahem lachem. „Brot“ steht im Heb. fast stets pars pro toto für Nahrung im Allgemeinen (vgl. z.B. de Waard/Nida 1992, S. 9; Zakovitch 1999, S. 83); übersetze daher besser „Nahrung“. (Zurück zu v.6) |
u | standen unter ihrer Aufsicht - so kürzlich Schipper 2013. Doch das ist wahrscheinlich falsch; Schwiegertöchter waren im hebräischen Haushalt zwar hierarchisch ihren Schwiegermüttern untergeordnet, doch hatten diese keine Autorität über sie (um mit Exum 1997 zu sprechen: Ganz allgemein hatten Frauen im Alten Israel zwar - im familiären Rahmen des Haushalts - „Macht“, aber keine „Autorität“ (vgl. S. 136f)). Vielleicht auch: wo sie gewesen war, und [wo auch] ihre beiden Schwiegertöchter bei ihr [gewesen waren]. (Zurück zu v.7) |
v | Anm. d. Üs. (S.W.): Die Formulierung der Vv. 6f ist interessant: Drei Sätze folgen aufeinander, die mehr oder weniger das selbe besagen:
Meines Wissens ist in der Rut-Exegese keiner dieser drei Aspekte bisher wirklich kommentiert worden; im Verein mit der auffälligen „Trippelung“ der Aussage sind sie aber doch durchaus erklärungsbedürftig. Vielleicht kann man es so versuchen: Aspekt (2) teilt deutlich die erste Etappe des Weges von Moab nach Juda in widerum drei Etappen: (1) Aufbruch, (2) Verlassen des Orts, (3) die Reise selbst. Dem entspricht der Übergang der Ortsbezeichnung: Moab „verblasst“, Juda wird „eingeblendet“. Und mit dieser Progression des Rückwegs geht eine Steigerung der Nähe der drei Subjekte einher. Vielleicht kommt also hier auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie die drei Frauen unterwegs immer mehr zusammenwachsen? Und vielleicht ist dies dann der Hintergrund für Noomis Rechtsbruch in V. 8 und die unerwartete Reaktion ihrer Schwiegertöchter in Vv. 9-17? (Zurück zu v.7) |