Rut 1: Unterschied zwischen den Versionen

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{{S|1}} Zur Zeit (in den Tagen) des Richtens der Richter<ref>''des Richtens der Richter'' - Die Begriffe „Richter“ und „Richten“ dürften in der LF missverständlich sein, da es sich bei den biblischen Richtern natürlich nicht um Richter im heutigen Sinn des dt. Wortes handelte, sondern um eine Art Stammesführer. Sinnvoll daher Holmstedt 2010: „Als noch die Häuptlinge regierten,...“; eleganter sicher die Paraphrase von de Waard/Nida 1992, S. 5 (durch die auch bedeutungsmäßig nichts verloren geht, da der Satz ja vorwiegend zur Datierung der folgenden Geschehnisse dient): „Als Israel noch keine Könige hatte...“ (so auch T4T). Besser dies o.Ä. in die LF.</ref> war (herrschte) eine Hungersnot im Land<ref>''im Land'' - d.h. in Israel. Übersetze daher vielleicht besser: „...herrschte ein Hungersnot in Israel“ (de Waard/Nida 192, S. 6).</ref> (kam eine Hungersnot über das Land). Da verließ<ref>''Zur Zeit des Richtens ... herrschte ... . Da verließ'' - Oder: ''Zur Zeit des Richtens der Richter, als eine Hungersnot im Land herrschte, verließ...'' (vgl. syntaktisch ähnlich [[Exodus 12#s41 |Ex 12,41]]; dazu z.B. Nic §30).<br />
 
{{S|1}} Zur Zeit (in den Tagen) des Richtens der Richter<ref>''des Richtens der Richter'' - Die Begriffe „Richter“ und „Richten“ dürften in der LF missverständlich sein, da es sich bei den biblischen Richtern natürlich nicht um Richter im heutigen Sinn des dt. Wortes handelte, sondern um eine Art Stammesführer. Sinnvoll daher Holmstedt 2010: „Als noch die Häuptlinge regierten,...“; eleganter sicher die Paraphrase von de Waard/Nida 1992, S. 5 (durch die auch bedeutungsmäßig nichts verloren geht, da der Satz ja vorwiegend zur Datierung der folgenden Geschehnisse dient): „Als Israel noch keine Könige hatte...“ (so auch T4T). Besser dies o.Ä. in die LF.</ref> war (herrschte) eine Hungersnot im Land<ref>''im Land'' - d.h. in Israel. Übersetze daher vielleicht besser: „...herrschte ein Hungersnot in Israel“ (de Waard/Nida 192, S. 6).</ref> (kam eine Hungersnot über das Land). Da verließ<ref>''Zur Zeit des Richtens ... herrschte ... . Da verließ'' - Oder: ''Zur Zeit des Richtens der Richter, als eine Hungersnot im Land herrschte, verließ...'' (vgl. syntaktisch ähnlich [[Exodus 12#s41 |Ex 12,41]]; dazu z.B. Nic §30).<br />
'''tFN''': W.: „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter. Und es war eine Hungersnot im Land. Und es verließ...“ - Sowohl die Zeitangabe „in den Tagen des Richtens der Richter“ als auch die Information über die Hungersnot wird eingeleitet durch das Verb ''wajhi'' („und es war“). Eine solche Doppelung von ''wajhi'' findet sich zwar sehr selten in der Bibel, ist aber unproblematisch: Das erste ''wajhi'' ist zusammen mit ''bime'' („in den Tagen von“) eine stehende Wendung für die Einführung einer neuen Erzählzeit, entsprechend einfach dem dt. „in den Tagen von...“ (vgl. z.B. Holmstedt 2010, S. 52). Und das zweite ''wajhi'' ist entweder ebenso aufzufassen (und dann nach der Auflösung in der FN zu deuten) oder ist ein Kopulaverb im Hauptsatz „[Zur Zeit des Richtens der Richter] ''war'' (=herrschte) eine Hungersnot im Land.“ (vgl. z.B. Harmelink 2012, S. 212; so die meisten Üss.) und dann aufzulösen wie in der Primärübersetzung.</ref> ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)<ref>''verließ ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)'' - Beide Auflösungen sind gleichermaßen möglich. Nach der primären Auflösung würde die Reise näher beschrieben („Ein Mann ging fort, und zwar ging er fort aus Betlehem in Juda“); nach der alternativen Auflösung der Mann („ein Mann ging fort, und zwar ein aus Betlehem in Juda stammender Mann“). Da die Information, die die Alternativauflösung bieten würde, aber ja in V. 2 geliefert wird, sollte man besser nach der primären Auflösung deuten.</ref>, um sich in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)<ref>''in {<s>dem Gebiet von</s>} (bei den Feldern von)'' - Heb. ''ßadeh'' (Gebiet, Feld).Mit diesem Wort wird hier - wie oft - nur angezeigt, dass es sich beim folgenden Ortsnamen um einen ''Orts''namen handelt („im Gebiet Moab“, d.h. „in Moab“) und sollte dann besser unübersetzt bleiben.<br />
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'''tFN''': W.: „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter. Und es war eine Hungersnot im Land. Und es verließ...“ - Sowohl die Zeitangabe „in den Tagen des Richtens der Richter“ als auch die Information über die Hungersnot wird eingeleitet durch das Verb ''wajähi'' („und es war“). Eine solche Doppelung von ''wajähi'' findet sich zwar sehr selten in der Bibel, ist aber unproblematisch: Das erste ''wajähi'' ist zusammen mit ''bime'' („in den Tagen von“) eine stehende Wendung für die Einführung einer neuen Erzählzeit, entsprechend einfach dem dt. „in den Tagen von...“ (vgl. z.B. Holmstedt 2010, S. 52). Und das zweite ''wajähi'' ist entweder ebenso aufzufassen (und dann nach der Auflösung in der FN zu deuten) oder ist ein Kopulaverb im Hauptsatz „[Zur Zeit des Richtens der Richter] ''war'' (=herrschte) eine Hungersnot im Land.“ (vgl. z.B. Harmelink 2012, S. 212; so die meisten Üss.) und dann aufzulösen wie in der Primärübersetzung.</ref> ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)<ref>''verließ ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)'' - Beide Auflösungen sind gleichermaßen möglich. Nach der primären Auflösung würde die Reise näher beschrieben („Ein Mann ging fort, und zwar ging er fort aus Betlehem in Juda“); nach der alternativen Auflösung der Mann („ein Mann ging fort, und zwar ein aus Betlehem in Juda stammender Mann“). Da die Information, die die Alternativauflösung bieten würde, aber ja in V. 2 geliefert wird, sollte man besser nach der primären Auflösung deuten.</ref>, um sich in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)<ref>''in {<s>dem Gebiet von</s>} (bei den Feldern von)'' - Heb. ''ßadeh'' (Gebiet, Feld).Mit diesem Wort wird hier - wie oft - nur angezeigt, dass es sich beim folgenden Ortsnamen um einen ''Orts''namen handelt („im Gebiet Moab“, d.h. „in Moab“) und sollte dann besser unübersetzt bleiben.<br />
 
Fischer 2001, S. 124 dagegen deutet den Begriff als sprechenden Begriff: Elimelech und seine Familie verlassen Betlehem ob einer ''Hungersnot'' und emigrieren daher zu den ''[Getreide-]Feldern'' Moabs. Diese Deutung basiert allerdings auf einer Analyse von ''ßäde'' als Plural; das Wort lässt sich im MT aber auch als Sg. analysieren und einige Mss. - darunter auch ein Ms. aus Qumran, das älter ist als der MT - bieten das Wort in einer Wortform, die unmissverständlich Sg. ist und auch die Versionen übersetzen ganz einheitlich mit Sg., weshalb denn auch im MT die Analyse des Wortes als Sg. deutlich vorzuziehen ist.</ref> Moab<ref>''Moab'' - östlicher Nachbarstaat Israels (für näheres s. [http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/moab-moabiter-3/ch/d763214e547e5d75aa217082da90a2ea/ Moab / Moabiter (wibilex)]). Wegen verschiedener kriegerischer Konflikte ist Moab im AT meist negativ belegt; auch im Richterbuch (s. [[Richter 3#s12 |Ri 3,12-30]]). Dass Elimelech und seine Familie dennoch bereit sind, gerade nach Moab überzusiedeln, zeigt, wie schwer die Hungersnot war. Dabei ist Moab nicht einmal eine naheliegende Wahl: Im Gegensatz zum klassischen Emigrationsland Ägypten unterliegt Moab in etwa den selben klimatischen Bedingungen wie Israel, und obwohl es wegen der gebirgigen Lage Moabs theoretisch möglich ist, dass wegen der dortigen höheren Niederschlagsmenge Israel unter einer kurzen Hungersnot leidet, Moab aber nicht, ist es ganz unmöglich, dass Moab nicht von den klimatischen Verhältnissen betroffen wäre, die in Israel eine Hungersnot von ''zehn Jahren'' verursachen.</ref> niederzulassen<ref>''niederzulassen'' - Heb. ''gur'' bedeutet nicht einfach „wohnen“, sondern bezeichnet das dauerhafte Siedeln von zugereisten Ausländern. Elimelech will also wohl nicht nur für die Dauer der Hungersnot in Moab ausharren, sondern tatsächlich von Israel nach Moab emigrieren.<br />Ein ''ger'' (etwa: „Zugereister“) hat in der Bibel häufig einen schweren Schicksalsschlag hinter sich (wegen dem er überhaupt erst ausgereist ist), ist in der Regel arm und hat rechtlich nicht den selben Status wie ein Einheimischer (so z.B. auch Würthwein 1969, S. 10). Elimelech und seine Familie werden also schon durch die Verwendung dieses Wortes in eine sozial sehr tief stehende Schicht eingeordnet.</ref> - er, seine Frau und seine beiden Söhne<ref name="Pronomen">''ein Mann ... - er, seine Frau und seine beiden Söhne'' (V. 1) + ''sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne'' (V. 3) + ''sie hinterblieb, die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann'' - Wenn im Hebräischen eine Sache von mehreren Subjekten ausgesagt werden soll, kann sie auch nur von einem Subjekt ausgesagt werden, das dann nach dieser Aussage mit einem (Pro-)Nomen noch einmal aufgegriffen und um die weiteren Subjekte erweitert wird (vgl. z.B. JM §146c2; ''ad loc.'' Homstedt 2010, S. 57f). Normalerweise sollte man im Dt. daher Vv. 1.3 besser übersetzen: „ein Mann, seine Frau und seine beiden Söhne verließen...“ (V. 1) resp. „sie und ihre beiden Söhne hinterblieben“ (V. 3). Hier aber ist diese Konstruktion bewusst gewählt; der Abschnitt funktioniert ein wenig wie das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ und bringt schon auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie nach und nach die Familie zusammenschmilzt (so gut Zenger 1986, S.d 32), bis sämtliche männliche Angehörige ausgetilgt sind - die größte vorstellbare Katastrophe für eine altisraelitische Familie:
 
Fischer 2001, S. 124 dagegen deutet den Begriff als sprechenden Begriff: Elimelech und seine Familie verlassen Betlehem ob einer ''Hungersnot'' und emigrieren daher zu den ''[Getreide-]Feldern'' Moabs. Diese Deutung basiert allerdings auf einer Analyse von ''ßäde'' als Plural; das Wort lässt sich im MT aber auch als Sg. analysieren und einige Mss. - darunter auch ein Ms. aus Qumran, das älter ist als der MT - bieten das Wort in einer Wortform, die unmissverständlich Sg. ist und auch die Versionen übersetzen ganz einheitlich mit Sg., weshalb denn auch im MT die Analyse des Wortes als Sg. deutlich vorzuziehen ist.</ref> Moab<ref>''Moab'' - östlicher Nachbarstaat Israels (für näheres s. [http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/moab-moabiter-3/ch/d763214e547e5d75aa217082da90a2ea/ Moab / Moabiter (wibilex)]). Wegen verschiedener kriegerischer Konflikte ist Moab im AT meist negativ belegt; auch im Richterbuch (s. [[Richter 3#s12 |Ri 3,12-30]]). Dass Elimelech und seine Familie dennoch bereit sind, gerade nach Moab überzusiedeln, zeigt, wie schwer die Hungersnot war. Dabei ist Moab nicht einmal eine naheliegende Wahl: Im Gegensatz zum klassischen Emigrationsland Ägypten unterliegt Moab in etwa den selben klimatischen Bedingungen wie Israel, und obwohl es wegen der gebirgigen Lage Moabs theoretisch möglich ist, dass wegen der dortigen höheren Niederschlagsmenge Israel unter einer kurzen Hungersnot leidet, Moab aber nicht, ist es ganz unmöglich, dass Moab nicht von den klimatischen Verhältnissen betroffen wäre, die in Israel eine Hungersnot von ''zehn Jahren'' verursachen.</ref> niederzulassen<ref>''niederzulassen'' - Heb. ''gur'' bedeutet nicht einfach „wohnen“, sondern bezeichnet das dauerhafte Siedeln von zugereisten Ausländern. Elimelech will also wohl nicht nur für die Dauer der Hungersnot in Moab ausharren, sondern tatsächlich von Israel nach Moab emigrieren.<br />Ein ''ger'' (etwa: „Zugereister“) hat in der Bibel häufig einen schweren Schicksalsschlag hinter sich (wegen dem er überhaupt erst ausgereist ist), ist in der Regel arm und hat rechtlich nicht den selben Status wie ein Einheimischer (so z.B. auch Würthwein 1969, S. 10). Elimelech und seine Familie werden also schon durch die Verwendung dieses Wortes in eine sozial sehr tief stehende Schicht eingeordnet.</ref> - er, seine Frau und seine beiden Söhne<ref name="Pronomen">''ein Mann ... - er, seine Frau und seine beiden Söhne'' (V. 1) + ''sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne'' (V. 3) + ''sie hinterblieb, die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann'' - Wenn im Hebräischen eine Sache von mehreren Subjekten ausgesagt werden soll, kann sie auch nur von einem Subjekt ausgesagt werden, das dann nach dieser Aussage mit einem (Pro-)Nomen noch einmal aufgegriffen und um die weiteren Subjekte erweitert wird (vgl. z.B. JM §146c2; ''ad loc.'' Homstedt 2010, S. 57f). Normalerweise sollte man im Dt. daher Vv. 1.3 besser übersetzen: „ein Mann, seine Frau und seine beiden Söhne verließen...“ (V. 1) resp. „sie und ihre beiden Söhne hinterblieben“ (V. 3). Hier aber ist diese Konstruktion bewusst gewählt; der Abschnitt funktioniert ein wenig wie das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ und bringt schon auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie nach und nach die Familie zusammenschmilzt (so gut Zenger 1986, S.d 32), bis sämtliche männliche Angehörige ausgetilgt sind - die größte vorstellbare Katastrophe für eine altisraelitische Familie:
 
* V. 1: „er, seine Frau und seine beiden Söhne“
 
* V. 1: „er, seine Frau und seine beiden Söhne“

Version vom 26. Dezember 2014, 00:35 Uhr

Syntax ungeprüft

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Rut 1)

(kommt später)

Studienfassung (Rut 1)

1 Zur Zeit (in den Tagen) des Richtens der Richtera war (herrschte) eine Hungersnot im Landb (kam eine Hungersnot über das Land). Da verließc ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf)d, um sich in {dem Gebiet von} (bei den Feldern von)e Moabf niederzulasseng - er, seine Frau und seine beiden Söhneh.
2 Der Name des Mannes [war] Elimelech (mein Gott ist König) und der Name seiner Frau [war] Noomi (lieblich) und die Namen seiner beiden Söhne [waren]i Machlon (krank?)j und Kiljon (schwindend?)j. [Sie waren] Efratiterk aus Betlehem in Juda. Und so kamen sie {in das Gebiet von} [nach] (zu den Feldern von) Moab und blieben dort.
3 Da starbl Elimelech, der Mann Noomis, und sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhneh.
4 Sie nahmen sich moabitische Frauen (Sie gingen Mischehen mit moabitischen Frauen ein?)m. Der Name der einen [war] Orpan und der Name der anderen [war] Rutn.o Sie wohnten etwa zehn Jahre dort.
5 Da starbenl auch diese beiden - Machlon und Kiljon -, und sie hinterblieb: die Frau, ohne ihre beiden Kinderp und ohne ihren Mannh.

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Anmerkungen

ades Richtens der Richter - Die Begriffe „Richter“ und „Richten“ dürften in der LF missverständlich sein, da es sich bei den biblischen Richtern natürlich nicht um Richter im heutigen Sinn des dt. Wortes handelte, sondern um eine Art Stammesführer. Sinnvoll daher Holmstedt 2010: „Als noch die Häuptlinge regierten,...“; eleganter sicher die Paraphrase von de Waard/Nida 1992, S. 5 (durch die auch bedeutungsmäßig nichts verloren geht, da der Satz ja vorwiegend zur Datierung der folgenden Geschehnisse dient): „Als Israel noch keine Könige hatte...“ (so auch T4T). Besser dies o.Ä. in die LF. (Zurück zu v.1)
bim Land - d.h. in Israel. Übersetze daher vielleicht besser: „...herrschte ein Hungersnot in Israel“ (de Waard/Nida 192, S. 6). (Zurück zu v.1)
cZur Zeit des Richtens ... herrschte ... . Da verließ - Oder: Zur Zeit des Richtens der Richter, als eine Hungersnot im Land herrschte, verließ... (vgl. syntaktisch ähnlich Ex 12,41; dazu z.B. Nic §30).
tFN: W.: „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter. Und es war eine Hungersnot im Land. Und es verließ...“ - Sowohl die Zeitangabe „in den Tagen des Richtens der Richter“ als auch die Information über die Hungersnot wird eingeleitet durch das Verb wajähi („und es war“). Eine solche Doppelung von wajähi findet sich zwar sehr selten in der Bibel, ist aber unproblematisch: Das erste wajähi ist zusammen mit bime („in den Tagen von“) eine stehende Wendung für die Einführung einer neuen Erzählzeit, entsprechend einfach dem dt. „in den Tagen von...“ (vgl. z.B. Holmstedt 2010, S. 52). Und das zweite wajähi ist entweder ebenso aufzufassen (und dann nach der Auflösung in der FN zu deuten) oder ist ein Kopulaverb im Hauptsatz „[Zur Zeit des Richtens der Richter] war (=herrschte) eine Hungersnot im Land.“ (vgl. z.B. Harmelink 2012, S. 212; so die meisten Üss.) und dann aufzulösen wie in der Primärübersetzung. (Zurück zu v.1)
dverließ ein Mann Betlehem in Juda (machte sich ein aus Betlehem in Juda [stammender] Mann auf) - Beide Auflösungen sind gleichermaßen möglich. Nach der primären Auflösung würde die Reise näher beschrieben („Ein Mann ging fort, und zwar ging er fort aus Betlehem in Juda“); nach der alternativen Auflösung der Mann („ein Mann ging fort, und zwar ein aus Betlehem in Juda stammender Mann“). Da die Information, die die Alternativauflösung bieten würde, aber ja in V. 2 geliefert wird, sollte man besser nach der primären Auflösung deuten. (Zurück zu v.1)
ein {dem Gebiet von} (bei den Feldern von) - Heb. ßadeh (Gebiet, Feld).Mit diesem Wort wird hier - wie oft - nur angezeigt, dass es sich beim folgenden Ortsnamen um einen Ortsnamen handelt („im Gebiet Moab“, d.h. „in Moab“) und sollte dann besser unübersetzt bleiben.
Fischer 2001, S. 124 dagegen deutet den Begriff als sprechenden Begriff: Elimelech und seine Familie verlassen Betlehem ob einer Hungersnot und emigrieren daher zu den [Getreide-]Feldern Moabs. Diese Deutung basiert allerdings auf einer Analyse von ßäde als Plural; das Wort lässt sich im MT aber auch als Sg. analysieren und einige Mss. - darunter auch ein Ms. aus Qumran, das älter ist als der MT - bieten das Wort in einer Wortform, die unmissverständlich Sg. ist und auch die Versionen übersetzen ganz einheitlich mit Sg., weshalb denn auch im MT die Analyse des Wortes als Sg. deutlich vorzuziehen ist. (Zurück zu v.1)
fMoab - östlicher Nachbarstaat Israels (für näheres s. Moab / Moabiter (wibilex)). Wegen verschiedener kriegerischer Konflikte ist Moab im AT meist negativ belegt; auch im Richterbuch (s. Ri 3,12-30). Dass Elimelech und seine Familie dennoch bereit sind, gerade nach Moab überzusiedeln, zeigt, wie schwer die Hungersnot war. Dabei ist Moab nicht einmal eine naheliegende Wahl: Im Gegensatz zum klassischen Emigrationsland Ägypten unterliegt Moab in etwa den selben klimatischen Bedingungen wie Israel, und obwohl es wegen der gebirgigen Lage Moabs theoretisch möglich ist, dass wegen der dortigen höheren Niederschlagsmenge Israel unter einer kurzen Hungersnot leidet, Moab aber nicht, ist es ganz unmöglich, dass Moab nicht von den klimatischen Verhältnissen betroffen wäre, die in Israel eine Hungersnot von zehn Jahren verursachen. (Zurück zu v.1)
gniederzulassen - Heb. gur bedeutet nicht einfach „wohnen“, sondern bezeichnet das dauerhafte Siedeln von zugereisten Ausländern. Elimelech will also wohl nicht nur für die Dauer der Hungersnot in Moab ausharren, sondern tatsächlich von Israel nach Moab emigrieren.
Ein ger (etwa: „Zugereister“) hat in der Bibel häufig einen schweren Schicksalsschlag hinter sich (wegen dem er überhaupt erst ausgereist ist), ist in der Regel arm und hat rechtlich nicht den selben Status wie ein Einheimischer (so z.B. auch Würthwein 1969, S. 10). Elimelech und seine Familie werden also schon durch die Verwendung dieses Wortes in eine sozial sehr tief stehende Schicht eingeordnet. (Zurück zu v.1)
hein Mann ... - er, seine Frau und seine beiden Söhne (V. 1) + sie hinterblieb, sie und ihre beiden Söhne (V. 3) + sie hinterblieb, die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann - Wenn im Hebräischen eine Sache von mehreren Subjekten ausgesagt werden soll, kann sie auch nur von einem Subjekt ausgesagt werden, das dann nach dieser Aussage mit einem (Pro-)Nomen noch einmal aufgegriffen und um die weiteren Subjekte erweitert wird (vgl. z.B. JM §146c2; ad loc. Homstedt 2010, S. 57f). Normalerweise sollte man im Dt. daher Vv. 1.3 besser übersetzen: „ein Mann, seine Frau und seine beiden Söhne verließen...“ (V. 1) resp. „sie und ihre beiden Söhne hinterblieben“ (V. 3). Hier aber ist diese Konstruktion bewusst gewählt; der Abschnitt funktioniert ein wenig wie das Kinderlied „Zehn kleine Negerlein“ und bringt schon auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck, wie nach und nach die Familie zusammenschmilzt (so gut Zenger 1986, S.d 32), bis sämtliche männliche Angehörige ausgetilgt sind - die größte vorstellbare Katastrophe für eine altisraelitische Familie:
  • V. 1: „er, seine Frau und seine beiden Söhne“
  • V. 3: „sie und ihre beiden Söhne“
  • V. 5: „die Frau, ohne ihre beiden Kinder und ohne ihren Mann“ (Zurück zu v.1 / zu v.3 / zu v.5)
itFN: die Namen seiner beiden Söhne [waren] - W. „der Name seiner beiden Söhne [war]“, aber s. JM §136l: „[... Das Hebräische hat] die Tendenz, in Fällen, in denen etwas in ähnlcher Weise für mehrere Individuen gilt, Singular statt Plural zu setzen [...].“ Übersetze daher wie angegeben. (Zurück zu v.2)
jMachlon (krank?) + Kiljon (schwindend?) - Namen sind in der Bibel fast stets sog. „descriptive names“, d.h. sie haben eine Bedeutung, die nocht nr etymologisch hinter diesen Namen steht (wie z.B. „der Erhabene“ hinter „Sebastian“), sondern tatsächlich etwas über den Charakter des Namensträgers oder seine Rolle in der Erzählung aussagt. Die beiden in Klammern angegebenen Begriffe sind die Bedeutungen, die in der Bibelwissenschaft fast als die Bedeutungen der Namen „Machlon“ und „Kiljon“ gedeutet werden, was im Rahmen der Geschichte wirklich Sinn macht, da sie ja innerhalb von nur vier Versen aus der Geschichte wegsterben. Allerdings gab es diese Namen recht sicher tatsächlich, so dass schwer vorstellbar ist, dass dies wirklich die hinter diesen Namen stehende Bedeutung war (wenn man den namensgebenden Eltern nicht stets einen „grausamen Humor“ (Holmstedt 2010, S. 60) zusprechen will (-> „Wie wollen wir unsere Kinder nennen? Was hältst du von Kränkling und Schwindling?“)). Rudolph 1962, S. 38 etwa verbindet daher die Namen stattdessen mit „süß/reizend sein“ (Machlon = „der Süße/Reizende“) oder „listig sein“ (Machlon = „der Listige“) und „vollendet sein“ (Kiljon = „der Vollendete“). Wahrschenlich sollte man sich besser mit dem Eingeständnis bescheiden, dass nicht gewiss ist, was die Namen bedeuten (so z.B. Cambell 1975, S. 52f). (zu v.2)
kEfratiter - Bedeutung unklar; vermutlich handelt es sich (1) entweder um eine Sippe, die v.a. in der Gegend in und um Betlehem siedelte, oder (2) Efrata ist eine Region, in der u.a. auch Betlehem lag, oder (3) eine alternative Bezeichnung für Betlehem selbst.
Dass die Bedeutung unklar ist, ist aber nicht sehr problematisch, da der Begriff hier ohnehin mehr einem Wortspiel als der Information dient: Sowohl „Efratiter“ als auch „Betlehem“ sind sprechende Namen: „Efrata“ ist das „fruchtbare Land“ (Meister 1991, S 115) und „Betlehem“ bedeutet bekanntlich „Haus des Brotes“, „Brothausen“ (schon Luther 1535, S. 193b: „Denn Bethlehem heisst ein brod haus / und Ephrata fruchtbar / das ein fruchtbar land und gute narung darinnen gewesen ist.“). In den Ohren hebräischer Hörer musste der Satz also klingen wie „[Wegen einer Hungersnot] emigrierten sie nach Moab - obwohl sie Brothäusener aus der Fruchtgegend waren! - und blieben dort.“ (Zurück zu v.2)
lstarb (V. 3) + starben (V. 5) - In der alten jüd. Exegese ist öfter der Tod Elimelechs, Machlons und Kiljons als die Strafe Gottes für ihre Sünden gedeutet worden: Elimelech wird für seine Emigration bestraft, Machlon und Kiljon für ihre Mischehen (s. Dtn 23,4; Esr 9-10; Neh 10,29-31). In der neueren Exegese findet sich diese Deutung nicht mehr, aber es ist doch auffällig, dass die beiden Auskünfte über das Sterben der Familienmitglieder jeweils direkt auf die Auskunft über das „Bleiben“ in Moab folgt und dass nur die ersten fünf Verse, die in Moab spielen, eine Unheilsgeschichte schildern, dagegen von V. 6 an mit Noomis Entscheidung, nach Israel zurückzukehren, eine Heilsgeschichte erzählt wird. Auf jeden Fall sollte, wenn möglich, so übersetzt werden, dass diese Bedeutungsnuance auch in der Übersetzung mitgehört werden kann. (Zurück zu v.3 / zu v.5)
mnahmen (gingen Mischehen ein) - ungewöhnlicher Begriff im Heb.: „Heiraten“ heißt dort gewöhnlich laqach ischah; hier aber - wie nur noch 2Chr 11,21; 13,21; Esr 9,2.12; Neh 13,25 - naßah ischah. Fischer 2001, S. 127 macht darauf aufmerksam, dass die drei letzten Stellen ebenfalls von Mischehen von Judäern mit Moabiterinnen handeln; es könnte sich hier also um einen terminus technicus handeln. (Zurück zu v.4)
nOrpa + Rut - Die Bedeutungen der beiden Namen (s. FN j) sind unklar. Viele gehen daher davon aus, dass es sich vielleicht um echte moabitische Namen handle, deren Bedeutung sich daher sprachlich nicht mehr erschließen lässt.
Andere dagegen versuchen doch, den Namen eine Bedeutung zuzuweisen. Die verbreitetste Deutung von „Orpa“ verbindet den Namen mit dem Wort orep („Rücken, Nacken“) und deutet dann als „die Widerspenstige“, „die den Rücken kehrende“ o.Ä., was aber recht „gekünstelt“ (Gerlemann 1965) ist. Die verbreitetste Deutung von Rut verbindet den Namen mit dem Wort rä`ut („Freundin, Gefährtin“ - so schon Syr), was aber etymologisch nur schwer möglich ist. Seit Bruppacher 1966 wird er auch wieder häufiger nach der Wurzel rwy (sich sattdrinken) als „Sättigung“, „Erfrischung“ gedeutet (so schon b. Berachoth 7b; Bertholet 1898, S. 57f), was sprachlich zwar möglich wäre, aber in der Exegese dennoch keine allgemeine Anerkennung gefunden hat. (zu v.4)
oOrpa und Rut - Chiasmus: V. 2: „Machlon und Kiljon“, V. 4: „Orpa und Rut“; dabei ist Orpa die Frau von Kiljon und Rut die von Machlon (s. Rut 4,10). Eine solche chiastische Anordnung von Namen ist ein häufigeres Stilmittel im Hebräischen (vgl. Campbell 1975, S. 151) und kann in der dt. Üs. ohne Bedeutungsverlust übergangen werden. (Zurück zu v.4)
pKinder - Machlon und Kiljon werden hier - im Gegensatz zum vorherigen „Söhne“ - mit jeled („Kind“) bezeichnet, das sonst nie für Erwachsene verwendet wird. Vermutlich soll diese Wortwahl das Unglück der Frau unterstreichen, die nun nach ihrem Mann auch noch ihre beiden Kinder zu Grabe tragen muss (so auch Zakovitch 1999, S. 82). Zudem wird so bereits vorverweisen auf Rut 4,16, wo Ruts „Kind“ Obed als Naomis Ersatz für ihre beiden gestorbenen „Kinder“ dargestellt wird. (Zurück zu v.5)