Psalm 4: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche
K
K
Zeile 48: Zeile 48:
 
# Entsprechend dem Vorschlag von BHS wird öfters auch {{hebr}}חַסִיד לוֹ{{hebr ende}} „sein Frommer“ emendiert zu {{hebr}}חַסְדּוֹ לִי{{hebr ende}} „mir seine Gnade“; so z.B. Buttenwieser 1938; Kittel 1914; Schmidt 1934. Das ist unnötig.</ref> den ihm Frommen (seinem Frommen)<ref>{{hebr}}לוֹ{{hebr ende}} lässt sich sowohl possessiv deuten als auch „direktional“ als Angabe, wem die Frömmigkeit des Frommen gilt. Wg. Kontrast mit Götzenanbetern ist Letzteres vorzuziehen.</ref>;<br />
 
# Entsprechend dem Vorschlag von BHS wird öfters auch {{hebr}}חַסִיד לוֹ{{hebr ende}} „sein Frommer“ emendiert zu {{hebr}}חַסְדּוֹ לִי{{hebr ende}} „mir seine Gnade“; so z.B. Buttenwieser 1938; Kittel 1914; Schmidt 1934. Das ist unnötig.</ref> den ihm Frommen (seinem Frommen)<ref>{{hebr}}לוֹ{{hebr ende}} lässt sich sowohl possessiv deuten als auch „direktional“ als Angabe, wem die Frömmigkeit des Frommen gilt. Wg. Kontrast mit Götzenanbetern ist Letzteres vorzuziehen.</ref>;<br />
 
: JHWH wird hören (erhören)<ref>Wörtl. „hören“, aber ''term. tech.'' für Gebetserhörungen</ref>, wenn ich zu ihm rufe.<br />
 
: JHWH wird hören (erhören)<ref>Wörtl. „hören“, aber ''term. tech.'' für Gebetserhörungen</ref>, wenn ich zu ihm rufe.<br />
{{S|5}} [Wenn ihr]<ref>Die Syntax und Semantik dieses Verses ist schwierig. Wörtl. lautet er „Zittert und sündigt nicht! / Sprecht mit euren Herzen in euren Betten und schweigt!“. - Weil die Imperative so schlecht zueinander passen, werden die einzelnen Glieder gerne um-interpretiert; z.B. „zittert“ als „zürnt“ (z.B. Delitzsch 1894; Kittel 1914; Schmidt 1934; Zorell 1928), was schlecht zum Kontext passt; „zittert“ als „seid voll Ehrfurcht“ (z.B. Buttenwieser 1938; Kirkpatrick 1895; Terrien 2003), was wohl nicht Bestandteil der Wortbedeutung ist; oder „schweigt“ als „heult“ (nach {{hebr}}דמם{{hebr ende}} II, z.B. Dahood 1965; Kselman 1987).<br />
+
{{S|5}} [Wenn ihr]<ref>Die Syntax und Semantik dieses Verses ist schwierig. Auf den ersten Blick scheint er zu bedeuten: „Zittert und sündigt nicht! / Sprecht mit euren Herzen in euren Betten und schweigt!“. - Weil die Imperative so schlecht zueinander passen, werden die einzelnen Glieder gerne um-interpretiert; z.B. „zittert“ als „zürnt“ (z.B. Delitzsch 1894; Kittel 1914; Schmidt 1934; Zorell 1928), was schlecht zum Kontext passt; „zittert“ als „seid voll Ehrfurcht“ (z.B. Buttenwieser 1938; Kirkpatrick 1895; Terrien 2003), was wohl nicht Bestandteil der Wortbedeutung ist; oder „schweigt“ als „heult“ (nach {{hebr}}דמם{{hebr ende}} II, z.B. Dahood 1965; Kselman 1987).<br />
Der Schlüssel zum richtigen Verständnis scheint zu sein, dass die beiden ersten Glieder der zwei Imperativketten einen Gegensatz bilden und die beiden zweiten Glieder das selbe thematisieren (s. die nächten beiden Fußnoten); also [A<sup>+</sup> + B / A<sup>-</sup> + B']. Wir möchten daher folgende Lösung vorschlagen: Interpretiert man den jeweils ersten Imperativ der beiden Imperativketten als ''Pseudo-Imperativ'', lässt sich die Sinnstruktur des Verses als hyperbatischer (->Hyperbaton) Merismus deuten; vom Sinn her also stattdessen [[A<sup>+</sup> - A<sup>-</sup>] -> [B - B']]. Der Vers bedeutete dann etwa „Ob ihr erregt seid oder nachdenkt: Sündigt nicht und schweigt!“. V. 5 schließt sich damit eng an an V. 3a.<br />
+
Der Schlüssel zum richtigen Verständnis scheint zu sein, dass die beiden ersten Glieder der zwei Imperativketten („Seid erregt“ + „denkt nach“; s. nächste beide FNn) einen Gegensatz bilden und die beiden zweiten Glieder („sündigt nicht“ + „schweigt“) ähnliches thematisieren. Wir möchten daher folgende Lösung vorschlagen: Interpretiert man den jeweils ersten Imperativ der beiden Imperativketten als ''Pseudo-Imperativ'', lässt sich die Sinnstruktur des Verses als hyperbatischer (->Hyperbaton) Merismus deuten; der Vers bedeutete dann etwa „Ob ihr erregt seid oder nachdenkt: Sündigt nicht und schweigt!“. V. 5 schließt sich damit eng an an V. 3a.<br />
Ähnlich schon Grünewalder: „Wenn ihr euch keine Ruhe gönnet, dann sündiget doch nicht! Zerbrecht ihr euch den Kopf auf eurem Lager, dann schweiget wenigstens!“; NIRV: „When you are angry, do not sin. When you are in bed, look deep down inside you and be silent.“; NIV: „In your anger do not sin; when you are on your beds, search your hearts and be silent.“</ref> unruhig seid (seid unruhig!, Zittert!),<ref>„Zittern“ steht häufig metonymisch für den Ausdruck eines starken Gefühls; vgl. ThWAT VII, S. 328: „Die hebr. Wurzel ''rgz'' hat einen invarianten Bedeutungskern „heftige äußere/innere Bewegung“. Weitere Bedeutungseffekte ergeben sich aus dem konkreten Kontext (je nach Auslöser der Bewegung: „beglückend vs. bedrückend“ [...])“ - Die jeweilige Bedeutung muss daher aus dem Kontext erschlossen werden.<br />
+
Ähnlich schon R-S: „Wenn ihr euch keine Ruhe gönnet, dann sündiget doch nicht! Zerbrecht ihr euch den Kopf auf eurem Lager, dann schweiget wenigstens!“; NIRV: „When you are angry, do not sin. When you are in bed, look deep down inside you and be silent.“; NIV: „In your anger do not sin; when you are on your beds, search your hearts and be silent.“</ref> unruhig seid (seid unruhig!, Zittert!),<ref>„Zittern“ steht häufig metonymisch für den Ausdruck eines starken Gefühls; vgl. ThWAT VII, S. 328: „Die hebr. Wurzel ''rgz'' hat einen invarianten Bedeutungskern „heftige äußere/innere Bewegung“. Weitere Bedeutungseffekte ergeben sich aus dem konkreten Kontext (je nach Auslöser der Bewegung: „beglückend vs. bedrückend“ [...])“ - Die jeweilige Bedeutung muss daher aus dem Kontext erschlossen werden.<br />
 
Indiz für die hierige Bedeutung ist der Gegensatz des Wortes zu „Geht in euch!“ (wörtl.: Sprecht mit euren Herzen) im folgenden Sticho. Daher wohl am Besten „seid unruhig!“. vgl. auch die letzte Fußnote. </ref>: sündigt nicht!<br />
 
Indiz für die hierige Bedeutung ist der Gegensatz des Wortes zu „Geht in euch!“ (wörtl.: Sprecht mit euren Herzen) im folgenden Sticho. Daher wohl am Besten „seid unruhig!“. vgl. auch die letzte Fußnote. </ref>: sündigt nicht!<br />
 
: [Wenn ihr] in euren Betten<ref>Mit dem Nachdenken im Bett - wörtl. „im Herzen sprechen“, es ist aber dies eine häufige Metapher für das Reflektieren (vgl. ''ad loc.'' z.B. Kselman 1987, S. 104) - verdichtet der Psalmist einen häufigeren Topos: Die Nachruhe wird in der Bibel häufiger dargestellt als die charakteristische Zeit für das Nachdenken über Gott (vgl. z.B. [[Ijob 35#s10 | Ijob 35,10]]; [[Psalmen 42#s9 | Ps 42,9]]; [[Psalmen 77#s7 | Ps 77,7]]; [[Psalmen 119#s55 | Ps 119,55]]; [[Psalmen 119#s62 | Ps 119,62]]; [[Jesaja 26#s9 | Jes 26,9]] u.ö.; vgl. auch Booij 2008, S. 107).</ref> in euren Herzen sprecht (Sprecht!): schweigt! {Sela}<ref name="Sela" /><br />
 
: [Wenn ihr] in euren Betten<ref>Mit dem Nachdenken im Bett - wörtl. „im Herzen sprechen“, es ist aber dies eine häufige Metapher für das Reflektieren (vgl. ''ad loc.'' z.B. Kselman 1987, S. 104) - verdichtet der Psalmist einen häufigeren Topos: Die Nachruhe wird in der Bibel häufiger dargestellt als die charakteristische Zeit für das Nachdenken über Gott (vgl. z.B. [[Ijob 35#s10 | Ijob 35,10]]; [[Psalmen 42#s9 | Ps 42,9]]; [[Psalmen 77#s7 | Ps 77,7]]; [[Psalmen 119#s55 | Ps 119,55]]; [[Psalmen 119#s62 | Ps 119,62]]; [[Jesaja 26#s9 | Jes 26,9]] u.ö.; vgl. auch Booij 2008, S. 107).</ref> in euren Herzen sprecht (Sprecht!): schweigt! {Sela}<ref name="Sela" /><br />

Version vom 8. August 2014, 10:14 Uhr

Syntax ungeprüft

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Psalm 4)

1 Für den Chorleiter. Mit Saitenspiel.
Ein Davidspsalm.


2 Du wahrer Gott: Erhör mich, wenn ich zu dir rufe!

Aus meiner Not errette mich,
hilf mir, gewähr mein Bittgebet!


3 Wie lange wollt ihr Gott noch schmähn?

Wie lange wollt ihr Lügen lieben?
Wie lange noch zu Götzen flehn?

4 Begreifts: ⸂Gott⸃ handelt wundervoll an dem, der ihn verehrt

Wann immer ich ihn bat - stets hat er's mir gewährt.

5 Wenn ihr erregt seid sündigt nicht,

und wenn ihr nachdenkt schweigt!

6 Allein dem wahren Gott bringt Opfer,

vertraut auf ⸂unsern Gott⸃ allein!


7 Als viele schrien: „Wer tut uns Gutes nun,

da du, oh ⸂Gott⸃ , uns nicht mehr wohlgesonnen bist?“ -

8 hast du mit Freude mich erfüllt,

als Korn es gab und Wein im Überfluss.

9 Leg ich mich friedlich hin, dann schlaf ich sofort ein:

bei dir, oh ⸂Gott⸃ , ist meine Ruhe sicher und geschützt.

Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 4)

1 Für den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden).a Mit Saitenspiel (Flötenspiel)b
Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.


2 Wenn (weil) ich rufe antworte mir (erhöre mich)c, oh du mein wahrer Gott (mein gerechter Gott, Gott meines Heils, Gott meiner Gerechtigkeit)d!

in der Enge (Not) schaff mir (hast geschaffen)e Weite (hilf mir in meiner Not)f
erbarme dich meiner und höre (erhöre)g mein Flehen (Gebet)h!


3 {Männer}i Wie lange [ist] mein Herrlicher (Gott, meine Ehre)j geschmäht (zum Schimpf)k?

[Wie lange]l wollt ihr Nichtiges (Leeres, Abgötter)m lieben?
[Wie lange]l wollt ihr Lügen (-gebilde, Götzen)m anflehen (suchen)? {Sela}n

4 Wisst, dass JHWH scheidet (wirkt Wunder an, handelt wunderbar an)o den ihm Frommen (seinem Frommen)p;

JHWH wird hören (erhören)q, wenn ich zu ihm rufe.

5 [Wenn ihr]r unruhig seid (seid unruhig!, Zittert!),s: sündigt nicht!

[Wenn ihr] in euren Bettent in euren Herzen sprecht (Sprecht!): schweigt! {Sela}n

6 Opfert Opfer dem wahren Gott (dem Wahren, Opfer der Gerechtigkeit, richtige Opfer)u

und vertraut auf JHWH!


7 [Während (Als)]v Viele sagten: „Wer wird uns Gutes erfahren (sehen) lassen (Lass uns Gutes erfahren!)w

[wo doch (nachdem, ach!)]x Geflohen isty von überz uns das Licht deines Angesichtsaa, oh JHWH!“

8 Du hast gegeben (erfüllt, gib!ab) Freude in mein Herz

{mehr als}ac zur Zeit, als {ihr}ad Korn und {ihr}ad Wein zahlreich war (wurde).

9 In Frieden kann (werde) ich mich hinlegen und sofortae einschlafen

denn du, oh JHWH, lässt mich ruhen (wohnen) allein (ungestört)af, [und] in Sicherheit (sicher).

Anmerkungen

aGenaue Bedeutung unklar. Die gewählte Übersetzung ist mehr oder weniger Konvention, obwohl es nicht an alternativen Übersetzungsvorschlägen mangelt. (Zurück zu v.1)
bAuch die Übersetzung „Saitenspiel“ ist mehr oder weniger bloß Konvention; daneben gibt es z.B. die alternative Übersetzungstradition „Flötenspiel“; ad loc. z.B. Houston/Waltke 2010, S. 223f.; Kissane 1953, S. 13 (Zurück zu v.1)
cWörtl. „antworten“, aber term. tech. für Gebetserhörungen. (Zurück zu v.2)
dentweder Genitiv des Effekts - etwa „du Gott, der für mich Gerechtigkeit/Heil verursacht“ - oder attributiver Genitiv - etwa „du mein gerechter/wahrer Gott“. Die Mehrzahl der Exegeten übersetzt „Du Gott meines Rechts“, aber das passt wohl nicht so gut zur Struktur des Psalms wie „du wahrer Gott“, da Gott in V. 3 mit Götzen kontrastiert wird. (Zurück zu v.2)
eprekatives Qatal; so ad loc. auch Buttenwieser 1938; Craigie 1983; Ehrlich 1904; Eitan 1929; Gerstenberger 1991, S. 55; Goldingay 2006; Houston/Waltke 2010; IBHS §30.5.4d (Zurück zu v.2)
f„Raum schaffen, weit machen, weiten“ muss meist wörtlich verstanden werden.
Hier allerdings ist es sicher metaphorisch zu verstehen: Zorell 1928 übersetzt: „in meiner Enge/Not [das Lateinische angustia kann ebenso wie das hebräische צָּר beides bedeuten] hast du mir geholfen“ und kommentiert: „Die Hebräer sahen Gefahr als „Enge“ und die Befreiung von der Gefahr als „Erweiterung“, „Zugeständnis von weiten Räumen“ an.“ (S. 6; meine Üss.). Die einzige wirkliche weitere Belegstelle, die man hierfür heranziehen kann, ist Ps 25,17; aber die Parallele ist so nah und die Stoßrichtung der beiden Verse so klar, dass dies in der Tat die zu wählende Übersetzung sein sollte. So auch ALB; CSB; ESV; GNT; GW; HER; HNV; Houston/Waltke 2010, S. 223; Kissane 1953, S. 13; LEB; NAS; NCV; NGÜ; NIV; NKJV; Ross 2011, S. 229; TNIV; van Ess; WEB. (Zurück zu v.2)
gWörtl. „hören“, aber term. tech. für Gebetserhörungen; zumal in Kombination mit תְפִלָּה (wie hier). Dieses תְפִלָּה kann zwar auch für Gebete i.A. stehen, hat aber doch zunächst und zumeist die Bedeutung „Bitte, Fürbitte, Bittgebet“; vgl. z.B. Heinen 1973, S. 104f.; THAT 430f.; ad loc. auch Schökel 1980, S. 41. (Zurück zu v.2)
hs. letzte Fußnote (Zurück zu v.2)
iWörtl.: „Söhne von Männern“! Häufig wird geschrieben, dass בְּנֵי אִיש entsprechend dem babylonischen mâr awilim und im Unterschied zu בְּנֵי אָדָם höhergestellte Personen bezeichnet (daher z.B. Dahood 1965, S. 22: „O men of rank“), aber an der einzigen Stelle, an der בְּנֵי אִיש vorkommt und evt. diese Konnotation haben kann ( Ps 49,3), stammt diese Konnotation aus dem Kontext. Da hier keine vergleichbaren kontextuellen Indikatoren existieren (ebenso wie Ps 62,10; Klg 3,33), besser allgemein „Leute!/Männer!“.
Ein solcher eine Rede einleitende Vokativ ist im Deutschen aber eher untypisch, weshalb man es für die Lesefassung besser streichen sollte. (Zurück zu v.3)
jכָּבוֹד wird in der Bibel häufig appellativisch für JHWH verwendet. Dies ist auch hier die naheliegendste Bedeutung; vgl. die Kontrastierung mit den „Lügen-gebilden und Nichtsen“ (=Götzen) in V. 3b. Ebenso z.B. Dahood 1965, S. 22; Goldingay 2006, S. 171; NIV (Zurück zu v.3)
kLamed des Zustands; vgl. z.B. KBL3, S. 484; die Bedeutung ist schlicht „Wie lange soll das noch so gehen, dass ihr meinen Gott schmäht?“. (Zurück zu v.3)
ldouble duty-modifier aus V. 3a; so auch Buttenwieser 1938; Craigie 1983; Dahood 1965; Deissler 1989; Goldingay 2006; Kirkpatrick 1895; Ross 2011; Terrien 2003, S. 94 (zu v.3)
mSubstantive wie „Nichtiges“, „Leeres“, „Eitles“ etc. werden in der Bibel häufiger dysphemistisch für Götzen verwendet; so auch hier; vgl. ad loc. Dahood 1965, S. 23f.; Terrien 2003, S. 97. (zu v.3)
nDie Bedeutung von סֶלַה „Selah“ ist unklar; vgl. Lexikon/Lemma סֶלַה. In der Lesefassung sollte es daher besser gestrichen werden, da es sonst nur ein unverständlicher Fremdkörper im deutschen Text wäre. (Zurück zu v.3 / zu v.5)
oTextkritik: Der Vers gibt, wie er steht, im Kontext des Psalms nicht sonderlich viel Sinn: „JHWH hat sich einen Frommen ge-/unterschieden“. Häufig wird er daher emendiert: # nach LXX, Hier und vielen Handschriften (darunter MS C) wird הִפְלָה „er hat geschieden“ emendiert zu הִפְלָא „er hat Wunder vollbracht/wundervoll gehandelt“; so z.B. BB; Briggs 1906; Buttenwieser 1938; Deissler 1989; ; GN; The Grail Psalter; HER; Kissane 1953, S. 14; Kittel 1914; LUT; PAT; TAF; Terrien 2003, S. 95; van Ess; Weinrich; Zink; Zuber 1986, S. 17f. Dem ist zuzustimmen; die Verschreibung von vokalischem Alef als vokalisches He ist recht häufig. Dahood 1965, S. 23 denkt sogar, dass es sich bloß um eine alternative Schreibung handelt; evt. ebenso Davidson 1873, S. 72.
  1. Entsprechend dem Vorschlag von BHS wird öfters auch חַסִיד לוֹ „sein Frommer“ emendiert zu חַסְדּוֹ לִי „mir seine Gnade“; so z.B. Buttenwieser 1938; Kittel 1914; Schmidt 1934. Das ist unnötig. (Zurück zu v.4)
pלוֹ lässt sich sowohl possessiv deuten als auch „direktional“ als Angabe, wem die Frömmigkeit des Frommen gilt. Wg. Kontrast mit Götzenanbetern ist Letzteres vorzuziehen. (Zurück zu v.4)
qWörtl. „hören“, aber term. tech. für Gebetserhörungen (Zurück zu v.4)
rDie Syntax und Semantik dieses Verses ist schwierig. Auf den ersten Blick scheint er zu bedeuten: „Zittert und sündigt nicht! / Sprecht mit euren Herzen in euren Betten und schweigt!“. - Weil die Imperative so schlecht zueinander passen, werden die einzelnen Glieder gerne um-interpretiert; z.B. „zittert“ als „zürnt“ (z.B. Delitzsch 1894; Kittel 1914; Schmidt 1934; Zorell 1928), was schlecht zum Kontext passt; „zittert“ als „seid voll Ehrfurcht“ (z.B. Buttenwieser 1938; Kirkpatrick 1895; Terrien 2003), was wohl nicht Bestandteil der Wortbedeutung ist; oder „schweigt“ als „heult“ (nach דמם II, z.B. Dahood 1965; Kselman 1987).

Der Schlüssel zum richtigen Verständnis scheint zu sein, dass die beiden ersten Glieder der zwei Imperativketten („Seid erregt“ + „denkt nach“; s. nächste beide FNn) einen Gegensatz bilden und die beiden zweiten Glieder („sündigt nicht“ + „schweigt“) ähnliches thematisieren. Wir möchten daher folgende Lösung vorschlagen: Interpretiert man den jeweils ersten Imperativ der beiden Imperativketten als Pseudo-Imperativ, lässt sich die Sinnstruktur des Verses als hyperbatischer (->Hyperbaton) Merismus deuten; der Vers bedeutete dann etwa „Ob ihr erregt seid oder nachdenkt: Sündigt nicht und schweigt!“. V. 5 schließt sich damit eng an an V. 3a.

Ähnlich schon R-S: „Wenn ihr euch keine Ruhe gönnet, dann sündiget doch nicht! Zerbrecht ihr euch den Kopf auf eurem Lager, dann schweiget wenigstens!“; NIRV: „When you are angry, do not sin. When you are in bed, look deep down inside you and be silent.“; NIV: „In your anger do not sin; when you are on your beds, search your hearts and be silent.“ (Zurück zu v.5)
s„Zittern“ steht häufig metonymisch für den Ausdruck eines starken Gefühls; vgl. ThWAT VII, S. 328: „Die hebr. Wurzel rgz hat einen invarianten Bedeutungskern „heftige äußere/innere Bewegung“. Weitere Bedeutungseffekte ergeben sich aus dem konkreten Kontext (je nach Auslöser der Bewegung: „beglückend vs. bedrückend“ [...])“ - Die jeweilige Bedeutung muss daher aus dem Kontext erschlossen werden.
Indiz für die hierige Bedeutung ist der Gegensatz des Wortes zu „Geht in euch!“ (wörtl.: Sprecht mit euren Herzen) im folgenden Sticho. Daher wohl am Besten „seid unruhig!“. vgl. auch die letzte Fußnote. (Zurück zu v.5)
tMit dem Nachdenken im Bett - wörtl. „im Herzen sprechen“, es ist aber dies eine häufige Metapher für das Reflektieren (vgl. ad loc. z.B. Kselman 1987, S. 104) - verdichtet der Psalmist einen häufigeren Topos: Die Nachruhe wird in der Bibel häufiger dargestellt als die charakteristische Zeit für das Nachdenken über Gott (vgl. z.B. Ijob 35,10; Ps 42,9; Ps 77,7; Ps 119,55; Ps 119,62; Jes 26,9 u.ö.; vgl. auch Booij 2008, S. 107). (Zurück zu v.5)
uDa die „Opfer der Gerechtigkeit“ den Exegeten schon viel Stoff zum Nachdenken beschert haben, sollte man die Genitiv-phrase wohl besser als Genitiv des Zwecks und צֶּדֶק als Appellativ für JHWH interpretieren, wie ja JHWH schon in V. 2 als der צֶּדֶק-Gott benannt wurde und wie die Kognate von צֶּדֶק im Altsüdarabischen, Phönizischen und Ugaritischen häufiger verwendet werden (vgl. KBL3, S. 943). Vgl. die parallelen Formulierungen „Götteropfer“ (z.B. Num 25,2; Ps 51,19) und „JHWH-Opfer“ (z.B. Zef 1,8). (Zurück zu v.6)
vDas Verb „sie sagen“ steht im Partizip. Das Partizip ist die hebräische Verbform, mit der zumeist Gleichzeitigkeit ausgedrückt wird (oder, „wissenschaftlich formuliert“: Das Partizip enthält die R-Zeit entweder des zuletzt genannten oder des nächstgenannten Geschehnisses (vgl. z.B. Hataav 1997, S. 104)). Da dem Partizip in unserem Vers nur ein hortatory discourse vorangeht, ist das relevante „Geschehnis“ daher das „du hast mir Freude ins Herz gegeben“ in V. 8. Die Temporalsemantik von V. 7f. ist damit etwa „Als du mir Freude ins Herz gegeben hast, waren viele sagend:...“. Am einfachsten umschreiben lässt sich dies durch Einfügung eines „während“; am natürlichsten aber klingt es durch Einfügung eines „als“. (Zurück zu v.7)
wTheoretisch möglich: Deutung der rhetorischen Frage als Wunschsatz; so z.B. Goldingay 2006, S. 167; Warren-Rothlin 2007, S. 66; Dav §135; HKL III §354g (Zurück zu v.7)
xQatal-X. Diese eher seltene Wortfolge drückt meist eine sogenannte Off-the-line - Funktion aus; denkbar ist an dieser Stelle, dass es Background-Informationen wiedergibt („wo doch“; „nachdem“) oder den Höhepunkt der Rede markiert („Ach!“). (Zurück zu v.7)
yTextkritik: נְסָה muss emendiert werden. Meist wird es emendiert zu נְשָה „erhebe!“ (so z.B. Duhm, Craigie, Houston/Waltke, Kittel, ...); vorzuziehen ist aber נָסָה „geflohen ist“ (so Dahood 1965, S. 26; Driver 1951, S. 247; Schökel 1980, S. 38), da dies den Konsonantenbestand nicht antastet. Andere Vorschläge: נִשָּא „es schien“ (Kissane 1953, S. 14); כִסָּה „er hat verhüllt“ (Schmidt 1934, S. 7); נָסְעָה „Gewichen ist“ (Kraus 1961, S. 31). (Zurück zu v.7)
zZu dieser Bed. von על vgl. z.B. Driver 1951, S. 247 (Zurück zu v.7)
aaDas „Licht des Angesichts“ JHWHs ist eine häufige Metapher im AT. Sie geht wohl zurück auf die Sonnengott-Züge JHWHs (vgl. DDD, S. 917f.; Gierlich 1940, S. 141; Taylor 1993, S. 233ff.). Wenn dieses „lichte Angesicht“ Gottes auf jmdn. „herableuchtet“, bezeichnet dies den wohlwollenden Blick JHWHs, aus dem gute Wirkungen für den Angeblickten entspringen (vgl. z.B. Gierlich 1940, S. 141f.).
Der Sinn des Verses ist damit: „Viele sagen: 'Wer tut uns Gutes - jetzt, wo du uns nicht mehr wohlgesonnen bist, oh JHWH!?“ (Zurück zu v.7)
abEinige interpretieren auch hier als prekatives Qatal (Zurück zu v.8)
acDas min kann sowohl komparativ als auch temporal verstanden werden. Da es sich hier an „Zeit“ anschließt, liegt eine andere Interpretation als die temporale ohnehin recht fern, und auch so will die komparativische keinen rechten Sinn ergeben: „mehr als zur Zeit“ würde eine verglichene Zeit erfordern; z.B. „[Heute] hast du mir mehr Freude bereitet als zur Zeit...“ (Zurück zu v.8)
adAls eine der beiden Schwierigkeiten, wegen denen der Vers als „damaged“ anzusehen ist, identifiziert Alter 2007 die Personalpronomen (S. 11). Man könnte die ePPs allerdings auch schlicht als enklitische Mems ansehen, was diese Schwierigkeit beseitigen würde. Zur Verwechslung von ePPs mit enklitischen Mems vgl. z.B. IBHS §9.8. (zu v.8)
aevgl. CDCH, S. 151: יַחְדָּו: „(almost) contemporaneous activity, modifying two verbs [...] I both lie down and sleep Ps 4,9.“ (Zurück zu v.9)
afDrei Interpretationen sind vorgeschlagen worden:

(1) Du allein, JHWH, lässt mich in Sicherheit wohnen;
(2) Du allein bist JHWH und lässt mich in Sicherheit wohnen;
(3) Du, JHWH, lässt mich allein und in Sicherheit wohnen.

Die Kombination von „allein, abseits“ und „wohnen“ steht aber fast immer für ein „abseits-wohnen“, das - wie ja auch hier durch die Parallelität zu „sicher“ deutlich wird - häufig auch die Konnotation des sicheren Wohnens annimmt (vgl. Num 23,9; Dtn 33,28) (Zurück zu v.9)