Psalm 100

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Status: Zuverlässige Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit einigen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Verbesserungen sind noch zu erwarten.
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Lesefassung (Psalm 100)

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Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 100)

1 Ein Psalm (begleitetes Lied) zum Dank (zum Dankopfer, zum Dankgottesdienst, Preis, Lob, Wechselgesang?a) b.

Jubelt (schreit vor Freude)c (über) JHWH zu, du ganze Erde (du ganzes Land)d!
2 Dient (feiert Gottesdienst, feiert, verehrt)d JHWH in Freude (Fröhlichkeit, Lustigkeit)e
kommt (hinein) vor ihn (in seine Wohnung, in sein Heiligtum)f in Freudengeschrei (Freudenliedern)g
3 Erkennt (Bekennt)d, dass (: Wahrlich!, denn) JHWH Gott isth!


Er hat uns erschaffen, sein sind wir (und nicht wir)i
[wir sind]j sein Volk und die Herde seiner Weidek.l


4 Kommt (hinein) durch seine Tore (die Tore seiner Wohnung/seines Heiligtums)m mit Danklied (Dankopfer, Loblied)n!
[Kommt (hinein)]o in seine Höfe (die Höfe seiner Wohnung/seines Heiligtums)m mit Lobgesang (Lobpreis)!
Preist ihn, lobsingt (segnet)p seinem Namen (ihm)q!


5 {Ja! (Denn)}r JHWH ist gut!
Für immer ist (währt) seine Huld
und von Generation zu Generation ist (währt) seine Treue (Verlässlichkeit)!l

Anmerkungen

aWechselgesang - so kürzlich Amzallag 2014, doch ist das eher unwahrscheinlich. (Zurück zu v.1)
bלְתוֹדָה wird meist entweder verstanden als „zum Dankopfer“ (welches in früheren Zeiten in der Liturgie des Dankgottesdienstes im Tempel dargebracht wurde) oder als „zur Danksagung“ (die - in Form eines „Dankliedes“ - später das Dankopfer im Dankgottesdienst ablösen sollte; vgl. Gerstenberger 2001, S. 203). Welches der beiden hier vorzuziehen ist, ist unmöglich zu entscheiden; man wird es daher unspezifisch übersetzen müssen. Deshalb und wegen LF-Kriterium 3d (inhaltliche Offenheit) wohl am besten: „zum Dankgottesdienst“ (so Deissler 1989; HfA; Hossfeld/Zenger 2000; ähnlich BB („zur Dankfeier“)).
Theoretisch möglich, da der Psalm ja einen Anlass des Dankens ganz unerwähnt lässt, wäre auch eine Übersetzung mit „Ein Lobpsalm“ und entsprechend in V. 4 „Lob“ oder „Loblied“; vgl. z.B. Kissane 1953, S. 135: „A psalm. For praise“; Terrien 2003, S. 688: „Psalm for praise“. Das machte den Psalm ein wenig kohärenter, wäre aber hier eine Minderheitenübersetzung; übersetze daher wie vorgeschlagen. (Zurück zu v.1)
cIm Hebräischen Plural, da natürlich „ganze Erde“ - gleich, wie es genau zu deuten ist (s. nächste FN) - auf die Bewohner dieser Erde zu beziehen ist. (Zurück zu v.1)
dMan kann bei Ps 100 grob zwei Auslegungslinien unterscheiden, die sich im Laufe der Zeit etabliert haben: (1) eine universale und (2) eine nationale. Mit der Entscheidung für eine der beiden Auslegungstraditionen fallen fast automatisch auch die Entscheidungen für drei einzelne Interpretationsfragen, die daher hier gesammelt behandelt werden sollen:
  1. Die universale Auslegungslinie versteht als Adressaten des Psalms die nicht-JHWH-gläubigen fremden Völker, an die sich die Gottesdienstgemeinde sozusagen „fiktiv“ wendet, indem sie den Psalm betet. (a) כָּל־הָאָרֶץ in V. 1 ist daher zu verstehen als „du ganze Erde“; (b) das ּּעִבְדו in V. 2 ist zu verstehen als „sich unterwerfen, dienstbar sein“ und (c) דְּעוּ in V. 3 meint (wie meist) „erkennt“, da die fremden Völker ja wirklich zu einer für sie neuen Erkenntnis kommen sollen. So v.a. Jeremias 1998 und Jeremias 2004; auch Hossfeld/Zenger 2000; Kissane 1954; Zenger 2003 (Lohfink 1990 war mir noch nicht zugänglich).
  2. Die nationale Auslegungslinie versteht als Adressaten des Psalms die versammelte Gottesdienstgemeinde, die ja in Vv. 3.5 tatsächlich auch antwortet. (a) כָּל־הָאָרֶץ ist entweder zu übersetzen als „du ganzes Land“ (Buttenwieser 1938; Gunkel 1968; Weber 1998) - zur Vorstellung vgl. 2Chr 30 - oder es ist nur „dichterische Redefigur“ (Nötscher 1959)/„Hyperbel“ (Prinsloo 1991) - vgl. Ps 98,4 - und es sind deshalb trotz der „wörtlichen“ Bedeutung ganze Erde nur die Bewohner Israels oder gar nur die Gottesdienstgemeinde gemeint. (b) ּּעִבְדו dient bezieht sich speziell auf den Gottesdienst, also i.S.v. „feiert Gottesdienst“ (Baethgen 1892; Briggs 1907; Deissler 1989; Ehrlich 1905; Gunkel 1968, S. 432; NL; R-S); vgl. Ex 3,12; 5,1.3; Jos 22,27; 2Sam 15,8; Ps 102,23; Jes 19,21. Und (c) דְּעוּ in V. 2 meint nicht „erkennt“, sondern „bekennt“ (Ehrlich 1905; Gerstenberger 1972; R-S; vgl. BDB 394; NET zu Jer 3,13; 14,20) und ist also ebenfalls wie 1b.2b als Aufruf zum JHWH-Preis zu verstehen.
Den Ausschlag für Variante (2) gibt V. 3, da die Vorstellung, die Völker würden sich JHWH dienstbar machen und ihm dabei auch noch dankbar zujubeln zwar theoretisch möglich, aber doch recht fernliegend ist. (Zurück zu v.1 / zu v.2 / zu v.3)
eשִׂמחָה meint primär die lärmende Festfreude (Ges18, S. 1291). Hier kommt eine Vorstellung vom Gottesdienst zum Ausdruck, die in unserer europäischen Gottesdienstkultur wohl etwas verschüttet gegangen ist: Der Gottesdienst dient ganz entschieden auch dazu,

„daß das ganze Volk im Angesicht Gottes fröhlich werde. Um dieser gemeinsamen Fröhlichkeit willen soll sich das ganze Volk am Jerusalemer Heiligtum zum Opfermahl versammeln: „[...] und ihr sollt daselbst vor Jahwe, eurem Gott, das Mahl halten und fröhlich sein, ihr und eure Familien. (Dtn 12,7)“ Dieses „Ihr sollt fröhlich sein“ ist typisch für die Kultgesetze vor allem des Deuternomiums (Dtn 12,7.18; 14,26; 16,11.14; 26,11; 27,7; Lev 23,40). Es ist eigentlich eine liturgische Anweisung. Die Freude gehört zum Gottesdienst, ohne Freude wäre der Gottesdienst kein ganzer Gottesdienst, das Fest kein ganzes Fest.“ (Haag 1978, S. 99f).

(Zurück zu v.2)
fלְפָנָיו vor ihn = vor Gott meint hier wie oft „in den Tempel“ oder „am/im Heiligtum“; wie ja auch „seine Tore“ und „seine Vorhöfe“ in V. 4 klar die Tore und Vorhöfe des Tempels sind. Vgl. ad loc. Alter 2007; Briggs 1907; Kissane 1954; Mays 1969b; Nötscher 1959; auch Ehrlich 1905, S. 359; SS, S. 41. Vgl. noch Jos 24,1; Ri 21,2; 1Sam 10,3; 1Chr 13,8.10; 1Chr 16,1; Ps 138,1; 1Q20 21,3; evt. auch Ps 61,8; 84,8. (Zurück zu v.2)
gרְנָנָה meint primär das laute, gellende Rufen und erst danach auch das laute Jauchzen; wie beim parallelen שִׂמחָה wird hier also der Schwerpunkt auf die Intensität der Freudenäußerungen gelegt: Der Tempel soll in geradezu überbordender Fröhlichkeit betreten werden. Übrigens reimt sich im hebräischen Text רְנָנָה Freudengeschrei auf שִׂמחָה lärmende Festfreude; beide werden häufiger im Parallelismus verwendet (vgl. Auffret 2007, S. 236). (Zurück zu v.2)
hNicht: JHWH, er [ist] Gott - הוּא verwendet als Pro-Kopula; vgl. dazu z.B. zuletzt wieder Holmstedt/Jones 2013. (Zurück zu v.3)
iKetiv liest „und nicht wir“ (ולא); so auch LXX, VUL, Syr, Sym. Dagegen Qere: „sein [sind] wir“ (ולו); so dann auch Tg, Hier, Aq, Saadia. Qere wird von fast allen vorgezogen (Ausnahmen: Auffret 2007; BB, Brueggemann 1985; Dahood 1968; ELB; FREE; JJ; LUT; Schmidt 1934; SLT; TAF); dem folgen auch wir. (Zurück zu v.3)
jZu ergänzen aus Sticho 3b (->Brachylogie). (Zurück zu v.3)
kHier wird die häufige Metapher vom JHWH als dem Hirten Israels aufgegriffen. „Die Herde seiner Weide“ o.Ä. findet sich auch in Ps 74,1; 78,71; 79,13; 95,7. Vielleicht ist diese Metapher im Deutschen nicht gut verständlich? Ps 78,71; 79,13; 95,7 legen nahe, dass „die Herde seiner Weide“ die Zugehörigkeit Israels zum Hirten JHWH ausdrücken soll und wohl nur meint „seine Herde“; also „wir sind sein Volk und seine Herde“. Ps 78,71 legt außerdem nahe, dass diese Metapher zusätzlich die Fürsorge des Hirten für diese seine Herde ausdrückt. Vielleicht wäre also eine kommunikativere Übersetzung dies: „Er hat uns erschaffen; wir sind sein Volk. / Er ist unser Hirt und wir sind seine Herde.“? - Vielleicht ist es aber auch gar nicht unverständlich? (Zurück zu v.3)
lVv. 3bc und V. 5 müssen recht wahrscheinlich gelesen werden als die Antwort der Kultgemeinde auf die jeweils vorangehenden Aufforderungen der Vorbeter (der Priester?), so dass die Struktur wäre:
  • Vv. 1b-3a: Aufruf zum Lob durch Vorbeter
    • Vv. 3bc: Lob durch Kultgemeinde
  • V. 4: Aufruf zum Lob durch Vorbeter
    • V. 5: Lob durch Kultgemeinde.
So Gerstenberger 2001, S. 203; ähnlich Futato 2007, S. 51f.; Kraus 1961, S. 686. Hossfeld/Zenger 2000, S. 706f. und Jeremias 1998, S. 608 sehen nur V. 5 als Lob und Vv. 1b-4 als Aufruf zum Lob; das wäre wohl auch möglich, würde aber den Wechsel vom Imperativ zum Wir in Vv. 3a.b nicht erklären. (Zurück zu v.3 / zu v.5)
ms. zur Alternative FN f (zu v.4)
nHier wird das selbe Wort wie in der Überschrift wiederholt; zu den Übersetzungsvarianten vgl. die erste FN. (Zurück zu v.4)
oZu ergänzen aus Sticho 4a (->Brachylogie). (Zurück zu v.4)
pKeinesfalls „segnet seinen Namen“ (wie die Meisten); natürlich ist auch hier vom Lobsingen die Rede. In Vv. 1b-3a und 4a-c stehen dann jeweils vier Aufrufe zum JHWH-Preis: Jubelt - feiert in Freude - kommt mit freudigen Liedern - Bekennt | Kommt mit Danklied - Kommt mit Lobgesang - Preist - Lobsingt. (Zurück zu v.4)
qBesonders im Kontext von Aussagen über JHWH steht sein „Name“ meist metonymisch für JHWH selbst; man bezeichnet so JHWH „im Menschenmund“. (Zurück zu v.4)
rEmphatisches כי zur Markierung der abschließenden hymnic affirmation (so z.B. Brueggemann 1985, S. 68; Gerstenberger 2001, S. 203); im Deutschen sollte es unübersetzt bleiben. (Zurück zu v.5)