Kommentar:Psalm 13: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Die Offene Bibel

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Version vom 13. Oktober 2014, 09:45 Uhr

Übersetzung[Bearbeiten]

1 Für den den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden).a
Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.


2 Bis wann (wie lange) b, JHWH, wirst du mich [so] gänzlich (für immer, fortwährend) c vergessen d?

Bis wann (Wie lange)b wirst du verbergen dein Angesicht vor mir?

Anmerkungen zum Text[Bearbeiten]

aGenaue Bedeutung unklar. Die gewählte Übersetzung ist mehr oder weniger Konvention, obwohl es nicht an alternativen Übersetzungsvorschlägen mangelt. (Zurück zu v.1)
bBis wann (wie lange) - Einige Exegeten denken, dass mit „bis wann“ eingeleitete rhetorische Fragen sich in der Bibel besonders in „vorwurfsvoller Rede“ fänden und daher als eine ungeduldigere Variante zum üblichen „Wie lange noch“ aufzufassen sei (so z.B. Gerstenberger 1991, S. 84; Herkenne 1936, S. 75f.; Zenger 1987, S. 75). Auf einige Stellen mag das auch passen, aber vgl. zum vorwurfsvollen „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. Jos 18,3; Ijob 18,2 vs. Ps 82,2; 94,8 und zum wohl eher „vorwurfslosen“ und unserem Vers ähnlicheren „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. Jer 47,6; Hab 1,2 vs. Ps 6,4; 74,10; 80,5; 90,13; 94,3 - „Bis wann“ und „Wie lange“ sind daher wohl doch eher schlicht gleichbedeutende Ausdrucksvarianten, die beide sowohl vorwurfsvollen als auch vorwurfslosen Unterton haben können. (zu v.2)
c[so] gänzlich (für immer, fortwährend) - נֶצַח hat meist die Bedeutung „für immer“ (vgl. z.B. Ges18, S. 839); hier - wie auch Ps 74,10; 79,5; 89,47 - würde diese Deutung aufgrund des Gegensatzes von „wie lange“ und „für immer“ jedoch zu Nonsens führen: „Wie lange willst du mich für immer vergessen?“. Als Lösungen dieser Schwierigkeit wurde vorgeschlagen (unsere Lösung: Lösung (5)),
  1. der Text sei zwar logisch gesehen Nonsens, psychologisch aber verständlich: Der logische Widerspruch solle den „komplizierten Seelenzustand [des Psalmisten ausdrücken] wo, wie Luther ihn kurz und treffend beschreibt, im Angstgefühl des göttlichen Zornes ‚die Hoffnung selbst verzweifelt und die Verzweiflung dennoch hoffet‘.“ (Delitzsch 1894, S. 140; so auch Alter 2007; Baethgen 1892; Perowne 1880; Weiss 1984, S. 303f).
  2. der Dichter habe hier die beiden Fragen „Wie lange willst du mich vergessen?“ und „Willst du mich für immer vergessen?“ zusammengezogen, um durch dieses sprachliche sich-Überstürzen die Erregung des Psalmisten stilistisch nachzubilden (Köig 1900 S. 188; so auch Herkenne 1936, S. 76; ähnlich Ridderbos 1972, S. 152).
  3. dass wir es hier nicht mit einer Doppelfrage, sondern mit zwei Einzelfragen zu tun hätten; entweder also
    1. „Wie lange, JHWH? Willst du mich für immer vergessen?“ (so BB, Buttenwieser 1938; Christensen 2005.13; Goldingay 2006; GRAIL; Kraus 1961, S. 98; Limburg 2000, S. 37; Schmidt 1934; Seybold 1996; STAD; Weber 2005) oder
    2. „Wie lange willst du mich vergessen, JHWH? Für immer?“ (so Barnes 1869; Deissler 1989; Girard 1996; NGÜ; NW; Olshausen 1853; Prinsloo 2013; Terrien 2003).
  4. dass נֶצַח hier die Bedeutung „fortwährend“ habe und also die schon im „Wie lange“ zum Ausdruck kommende Dauer des Leidens unterstreichen solle: „Wie lange willst du mich fortwährend vergessen?“ (AOAT; Bonkamp 1949; Briggs 1906; Craigie 1983; Dolson-Andrew 1994, S. 49; Duhm 1899; Janowski 2001, S. 26; Kittel 1914; Wöhrle 2011, S. 227).
  5. dass נֶצַח hier und z.B. auch in den obigen drei Stellen superlativische Funktion hat: „Wie lange willst du mich so völlig vergessen?“ (so bes. Ehrlich 1905, S. 25; Thomas 1956; auch ALB; ; H-R; HER05; Kissane 1953, S. 52; LUT; MEN; NeÜ; Nötscher 1959, S. 34; SLT; STAD; TUR; van Ess; Zenger 1987, S. 73; ZÜR.).
Dass man sich für eine Nonsens-Deutung wie (1) nur entscheiden sollte, wenn andere Deutungen nicht möglich sind, sollte offensichtlich sein. (2) ist eine Minderheitenmeinung; in der LF sollten wir uns ihr daher wohl besser nicht anschließen - sinnvoll ist sie aber allemal. Von (3.1) und (3.2) ist deutlich (3.2) vorzuziehen, weil der Vers derart analysiert auch mit der Struktur von Ps 74,10; 79,5; 89,47 übereinstimmen würde; in unserem Vers würden beide Analysen aber die Parallelität der Stichen 2a-3b aufbrechen. Deutungen (4) und (5) sind beide gleichermaßen möglich; wir haben Deutung (5) nur deshalb den Vorzug gegeben, weil sie in deutschen Bibelübersetzungen etablierter ist. (Zurück zu v.2)
dvergessen ist nicht wörtlich zu verstehen. Ähnlich, wie die Rede davon, dass Israel Gott oder seine Gebote „vergisst“, fast stets meint, dass es sich von Gott und seinen Geboten abgewandt hat, meint auch die Rede von Gottes „Vergessen“ ein aktives sich-Abwenden Gottes (s. noch 1Sam 1,11; Ps 10,12; 42,10; 44,25; Jes 49,14; Klg 5,20): Gott entzieht jenem, den er „vergisst“, seine Huld und lässt so zu (vielleicht sogar: sorgt dafür), dass ihm Schlimmes zustößt; vgl. gut Janowski 2001, S. 27f; Wöhrle 2011, S. 228.230. (Zurück zu v.2)

Kommentar[Bearbeiten]